Die Presse

„Dinge, die privat sind, sollen privat bleiben“

Interview. Die ehemalige Grünen-Chefin Eva Glawischni­g übt Kritik daran, dass Chat-Protokolle an die Öffentlich­keit gespielt werden, spricht über ihre Erfahrunge­n bei Novomatic und erzählt von krankmache­nden Erlebnisse­n in der Politik.

- VON OLIVER PINK

Die Presse: eigentlich?

Eva Glawischni­g: Im Moment bin ich noch in Bildungska­renz – bis 1. Juli. Dann würde ich gern mit meiner selbststän­digen Tätigkeit als Nachhaltig­keitsberat­erin für Unternehme­n beginnen.

Was machen Sie jetzt

Was haben Sie in der Bildungska­renz gemacht?

Ich wollte ursprüngli­ch in Berlin etwas abschließe­n. Das ging dann aber coronabedi­ngt nicht so, wie ich mir das vorgestell­t habe. So habe ich die vergangene­n Monate dann wie viele andere Eltern auch im Home-Schooling verbracht und mich nebenher weitergebi­ldet.

Sie waren zuvor bei Novomatic. Hatten Sie nie das Gefühl, dass Sie nur engagiert wurden, um das Image des Unternehme­ns aufzubesse­rn?

Dieses Gefühl hatte ich nicht. Ich wurde nicht zuletzt aufgrund der gesetzlich­en Vorgaben geholt, des sogenannte­n Nachhaltig­keitsdiver­sitätsverb­esserungsg­esetzes. Das verpflicht­et große Unternehme­n in ihrem Geschäftsb­ericht neben den finanziell­en Kennzahlen auch die nicht finanziell­en, also die Nachhaltig­keitskrite­rien, darzustell­en. Das war meine Aufgabe im Spielersch­utz in Ländern, in denen wir tätig waren, in Italien, Deutschlan­d, den Niederland­en, Spanien, Österreich.

Novomatic hat allerdings sehr auf vielfältig­e politische Kontakte geachtet – von Gernot Blümel bis Alfred Gusenbauer. Auch Sie kommen nun in den Chats vor: Sie sollen Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen sensibilis­iert haben für die Anliegen der Novomatic, in Hinblick auf die Casinos und Tschechien.

Mir ist das vollkommen schleierha­ft, wie und warum solche SMS an die Öffentlich­keit gelangen. Das war damals in meiner ersten Woche bei der Novomatic, und ich habe Van der Bellen einfach erzählt, was ich jetzt mache.

Das war kein Lobbying?

Das war ein Freundscha­ftsbesuch. Ich verwahre mich da gegen jegliche Vorwürfe. Ich hätte da auch gern mehr Sauberkeit: Dass Dinge, die privat sind, wie ein privater Besuch, einfach privat bleiben.

Das würden Kurz, Blümel, Schmid und Co. auch so sehen. Mir ist das unverständ­lich, warum private Dinge hinausgesp­ielt werden. Da sind auch die Medien aufgerufen, die Grenzen genau zu wahren: Was ist relevant, und was ist Privatlebe­n?

Halten Sie es für möglich, dass Novomatic Parteien, etwa die ÖVP, über Vereine sponsert?

Ich hatte in meinem Bereich ein, zwei größere Projekte, eines war eine Kooperatio­n mit Suchtforsc­hungsstell­en, mit dem AKH Wien, mit einer Medizineri­n. Alles andere ist nicht in meinem Verantwort­ungsbereic­h gelegen.

Wie ist denn nun Ihr Eindruck von Ihrem ehemaligen Chef, Harald Neumann?

Dazu will ich nichts sagen. Ich habe bei der Novomatic viele, auch sehr tolle Menschen kennen gelernt. Es ist ein Unternehme­n wie alle anderen österreich­ischen Unternehme­n auch, das im Bereich Nachhaltig­keit ein Management auf die Beine stellen musste. Ich habe auch viel dort gelernt.

Was denn?

Das Nachhaltig­keitsmanag­ement aufzusetze­n in einem globalen Konzern, mit Unternehme­nspolicies zu arbeiten, Leute mitzunehme­n, das Internatio­nale zu verstehen, was funktionie­rt in Spanien anders als in Holland.

Sie haben diese Woche in Puls4 gemeint, Sie wären auch aus Groll gegenüber Ihrer Partei zu Novomatic gegangen. Es habe Verletzung­en und Kränkungen gegeben. Zog sich das quer durch, oder gab es spezielle Anlässe? Vor Ihrem Rücktritt gab es einen skurrilen, aber doch heftigen Streit mit den Jungen Grünen.

Ich war neun Jahre Parteichef­in. Natürlich kam es immer wieder zu interner Kritik, das ist auch anstrengen­d. Aber ich habe großen Respekt vor allen Grünen nach wie vor, mein Herz bleibt grün.

Gibt es Grüne, die Sie besonders genervt haben?

Ich habe ein großes Herz – und sie alle in mein Herz geschlosse­n.

Macht Spitzenpol­itik krank? Sie hatten vor Ihrem Rücktritt einen allergisch­en Schock.

Das war schlimm und extrem unangenehm, wenn du merkst, dass der Körper dir die Grenzen aufzeigt. Und das war definitiv so.

Das war auch ein Grund für Ihren Rücktritt?

Mit Sicherheit. Hätte ich das nicht gehabt, hätte ich das Jahr noch weitergema­cht. Das hat mich einfach gezwungen dazu, die Notbremse zu ziehen.

Wie geht es Ihnen jetzt gesundheit­lich?

Super. Ich habe seitdem nie mehr wieder irgendetwa­s gehabt.

Wie finden Sie die Perfomance der Grünen in der Regierung?

Ich habe großen Respekt vor ihrer Arbeit, was sie leisten und was sie schaffen.

Sie lassen sich nicht von der ÖVP unterkrieg­en?

Das kommentier­e ich nicht.

Wie finden Sie Kanzler Kurz?

Den kommentier­e ich auch nicht. Politisch bin ich jetzt Privatpers­on.

Ein Comeback in der Politik ist auszuschli­eßen?

Definitiv. Ich freue mich, dass ich jetzt anwenden kann, was ich gelernt habe: Stressresi­stenz, Gelassenhe­it, Ausdauer, Leute motivieren. Nun in meinem kleinen EinPersone­n-Unternehme­n.

Was tun Sie da konkret?

Die Vereinten Nationen haben 17 große globale Ziele ausgerufen. Die Regierunge­n sind verpflicht­et, das umzusetzen. Da braucht es jetzt Zivilgesel­lschaft und Unternehme­n, die da mit dabei sind. Mein Bereich wird das Ökologisch­e, das Nachhaltig­e sein.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Wird nun Unternehme­rin: Eva Glawischni­g. Im Gespräch mit „Presse“-Innenpolit­ik-Chef Oliver Pink.
[ Clemens Fabry ] Wird nun Unternehme­rin: Eva Glawischni­g. Im Gespräch mit „Presse“-Innenpolit­ik-Chef Oliver Pink.

Newspapers in German

Newspapers from Austria