Max Verstappens Wunderwaffe
Motorsport. Honda verlässt die Formel 1, doch zum Abschied haben die Japaner den stärksten Motor der Hybrid-Ära gebaut.
Imola. Mit Ach und Krach, nur dank der besseren Rennstrategie und der Cleverness von Lewis Hamilton hat Mercedes den Sieg beim Auftaktrennen noch über die Ziellinie gebracht. Denn der Red Bull Racing RB16B erwies sich bisher schneller als die Silberpfeile, zumindest wenn er von Max Verstappen gesteuert wird. Knapp 0,4 Sekunden war der Niederländer im Bahrain-Qualifying flotter als Hamilton, und das, obwohl im RedBull-Lager von einigen kleineren Softwareproblemen die Rede war.
Verstappens Trumpf ist der Honda-Motor, was in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert ist. Zum einen, weil vor nicht allzu langer Zeit noch kein Rennwochenende verging, an dem über die Power Unit der Japaner hergezogen wurde. Und weil das Unternehmen mit Ende dieser Saison der Formel 1 den Rücken kehren wird. Womöglich mit einem Titel zum Abschied.
Der Weg zum „Kunstwerk“
Bisher stand die Hybrid-Ära der 1,6-Liter-V6-Turbo-Motoren (seit 2014) im Zeichen von Mercedes. Die Power Unit aus Brixworth – die 1000-PS-Marke wurde längst übertroffen – blieb unerreicht, Ferrari hatte kurzzeitig die Oberhand, aber da war wohl bei der Einspritzung getrickst worden. Hondas Wiedereinstieg als Motorenlieferant von McLaren (2015) war katastrophal verlaufen, nicht nur an den Erfolgen der 1980er und 90er gemessen. Anfangs chancenlos gegen etablierte Hersteller haben die Japaner sechs Jahre später die Mercedes-Übermacht gebrochen. Der stärkste Motor kommt nun aus dem Hause Honda und ist im Red Bull und Alpha Tauri verbaut.
So sprach auch MercedesTeamchef Toto Wolff vor dem Grand Prix in Imola (Qualifying 14 Uhr, live Sky; Rennen Sonntag 15 Uhr, live ORF1, Sky) von einer „Lücke“zu Red Bull. Vor allem bei den
Hochgeschwindigkeitspassagen, von denen es in Italien jede Menge gibt. Weil der schmale Kurs auch das Überholen erschwert, ist die Pole Position wichtiger denn je. Rekordweltmeister Hamilton meinte gar, dass Red Bull mit der Honda-Power beim Auftakt noch weiter vorn hätte sein können.
Bergauf war es mit dem Honda-Motor ab 2018 im Heck des Toro Rosso gegangen, ab 2019 wurde auch Schwesternteam Red Bull beliefert, seither hält diese Partnerschaft bei sechs Rennsiegen, drei davon im Vorjahr. Doch das Limit der Power Unit war erreicht. Für 2022 wollte Honda ein neues Motorenkonzept realisieren, doch dann folgte im Oktober 2020 der Paukenschlag: CEO Takahiro Hachigo verkündete den Ausstieg aus der Formel 1 mit Ende 2021. Honda wolle sich auf emissionsfreie Technologien konzentrieren, Formel 1 passe da nicht ins Bild.
Den Japanern blieb also nur noch eine Chance auf den Titel, das F1-Team um Technikchef Toyoharu Tanabe zog das 2022er
Konzept vor und warf noch einmal alles in dieses letzte Jahr. Red Bull wurde überzeugt, dass Mercedes nur mit diesem neuen Motor zu schlagen sei, und so blieben sechs Monate, um die Power Unit fertigzustellen, ein Wettlauf gegen die Zeit. Das Resultat ist ein leistungsfähigeres, kompakteres und besser verbautes Aggregat, „ein wahres Kunstwerk“, lobte Red-Bull-Berater Helmut Marko. Tanabe erklärte: „Effektiv haben wir für diese Saison einen neuen Antrieb.“Noch offen ist die Haltbarkeit, ein ebenso entscheidender Faktor in der bisher längsten F1-Saison mit 23 Rennen (pro Fahrer sind drei Motoren erlaubt). Tanabe: „Wir wollten all unser Know-how nutzen, bevor wir den Sport verlassen.“Das ultimative Ziel: Der Titel.
Im nächsten Jahr, wenn Honda die Königsklasse schon verlassen haben wird, greift dann der Entwicklungsstopp. Bis Ende 2024 werden die Motoren eingefroren. Red Bull wird den Honda-Motor übernehmen und in der eigens gegründeten Forma „Red Bull Powertrains Ltd.“hegen und pflegen.
Nach 2024 greift ein noch grüneres und kostengünstigeres Motorenreglement, das noch diesen Sommer beschlossen wird. Sollten diese Rahmenbedingungen Anklang finden, steht auch der F1-Einstieg des VW-Konzerns wieder im Raum. Ein solcher war schon öfter angedacht, stets als Ausrüster von Red Bull. VW würde wohl Konzerntochter Porsche ins Rennen schicken. Red-Bull-Mann Marko meinte dazu nur: „Fix ist nix.“Aber auch, dass eine Partnerschaft mit einem großen Hersteller ein „Wunschszenario“wäre. (joe)