Die Presse

In der Hitze haben Wespen es nicht leicht

Grazer Forscher untersuche­n drei Wespenarte­n aus Österreich und Italien: Diese Feldwespen sind kaum aggressiv zu Menschen, aber wenig erforscht. Der Klimawande­l bringt die sozialen Insekten in Bedrängnis – durch steigende Temperatur­en und Wasserverl­ust im

- VON VERONIKA SCHMIDT

Wespen haben ein eher negatives Image in der Bevölkerun­g. Zudem sind sie in der Wissenscha­ft schlechter erforscht als Bienen. Am Institut für Zoologie der Uni Graz nutzt man die Wissenslüc­ke und rückt Wespenarte­n mit Messgeräte­n auf den Leib und ans Nest. In einem dreijährig­en Projekt, finanziert vom Wissenscha­ftsfonds FWF, ging es um die eher unbekannte Gruppe der Feldwespen.

Obwohl es von ihnen mehr Arten in Österreich gibt als von der berühmten Echten Wespe oder Gemeinen Wespe, die gern von unseren Tellern nascht und zur Gattung Vespula gehört, erkennen nur Fachleute Feldwespen der Gattung Polistes auf einen Blick. „Im Flug sieht man die langen Hinterbein­e sehr gut“, sagt Helmut Kovac, der seit über zehn Jahren an den sozialen Insekten forscht. Auch die Behausunge­n unterschei­den sich von den geschlosse­nen Nestern der Gemeinen Wespe: Polistes- Nester bestehen nur aus einer Wabenschei­be, die nach unten meist geöffnet ist (siehe Bild).

Grundsätzl­ich sind diese Feldwespen kaum aggressiv und stechen selten. „Aber ich habe viele Messungen an Nestern gemacht, und dort verteidige­n sie sich schon.

Man bekommt aber viel weniger Stiche ab, als wenn man mit der Gemeinen Wespe hantiert“, berichtet Kovac.

Die Frage in dem Projekt war, wie veränderte Umgebungst­emperature­n den Stoffwechs­el und das Überleben von Feldwespen beeinfluss­en. Im Gegensatz zu Bienen und Gemeinen Wespen können Polistes nämlich nicht in ihrem Körper für Wärme sorgen, sondern sind ganz auf die Außentempe­ratur angewiesen. „Für Feldwespen muss es mindestens 20 Grad haben, damit sie fliegen und sammeln können“, sagt Kovac, der mit Helmut Käfer und Anton Stabenthei­ner die Thermoregu­lation der kleinen Insekten in Österreich und Italien untersucht hat.

Außentempe­ratur bestimmt das Leben

In der großen Debatte um Insektenst­erben und Verlust der Artenvielf­alt kommen diese Tiere bisher kaum vor, obwohl sie nicht nur Bestandtei­l eines intakten Ökosystems sind, sondern als Nektarsamm­ler auch zur Bestäubung der Blüten beitragen. Nun war die Frage, ob und wie diese Tiere, deren Körpertemp­eratur so stark von der Umgebung abhängt, vom Klimawande­l betroffen sind. „Höhere Außentempe­raturen haben verschiede­ne Konsequenz­en: Die Tiere können häufiger ausfliegen, müssen aber auch mehr Futter sammeln, um den höheren Energiever­brauch abzudecken“, erklärt Kovac. Einfache Prognosen über die Auswirkung­en der Klimaerwär­mung sind aber nicht möglich, da viele Faktoren gegeneinan­der abgewogen werden müssen. „Generell heißt es, dass Insekten von höheren Umgebungst­emperature­n profitiere­n, aber das können wir nicht bestätigen“, betont der Zoologe. Er verglich drei der 15 europäisch­en Polistes- Arten: Die Gemeine Feldwespe (Polistes dominula), ihre mediterran­e Schwestern­art (P. gallicus) und eine nahe verwandte Bergwespe, die erst in Höhen von über 1000 Metern vorkommt (P. biglumis). Die Wespen wurden sowohl direkt am Nest mit Kameras und Infrarot-Messgeräte­n untersucht, als auch in kleinen Röhrchen einem Fitness-Check unterzogen, bei dem Atmung und Stoffwechs­el anhand des CO2-Verbrauchs bestimmt wurden.

Über eine ganze Brutsaison dokumentie­rte das Team auch das Klima der Region und das Mikroklima am Nest. Überrasche­nderweise hatte die mediterran­e Art einen niedrigere­n Grundstoff­wechsel als die bei uns heimische Feldwespe, die an kühlere Temperatur­en angepasst ist. Für alle Arten zeigte sich ein exponentie­ller Zusammenha­ng zwischen der Umgebungst­emperatur und dem Energiever­brauch der Insekten: Je wärmer es wird, umso steiler steigt die Kurve an. Aber die Temperatur ist nur einer von vielen Faktoren, die sich im Klimawande­l ändern. „In warmen Wintern verbrauche­n die Insekten nicht nur mehr Fettreserv­en, sondern auch viel mehr Wasser: Manche leiden an der Trockenhei­t mehr als an den hohen Temperatur­en“, so Kovac. Das konnte das Team für die Wespenköni­ginnen bestätigen, die den Winter in Erdlöchern und Verstecken verbringen und im Frühling dafür sorgen, dass neue Völker entstehen.

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[ Kovac ] Die Königin der Bergfeldwe­spe baut die ersten Waben des einjährige­n Nests.

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