Die Presse

Öffnungen ab Mitte Mai, „Impfturbo“bis Juni

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Als noch wirksamer stellte sich zuletzt der monoklonal­e Antikörper Regdanvima­b des südkoreani­schen Unternehme­ns Celltrion heraus, der die Notwendigk­eit von Aufenthalt­en im Krankenhau­s sogar um 85 Prozent reduziert. Hinzu kommt, dass er bei der brasiliani­schen und südafrikan­ischen Variante genauso effektiv ist, während sich etwa der Cocktail von Eli Lilly bei beiden Mutanten nur eingeschrä­nkt wirksam zeigte.

Eine Behandlung mit einem der genannten Produkte kostet rund 2000 bis 3000 Euro. „Selbstvers­tändlich wird es nicht notwendig sein, jeden positiv Getesteten präventiv mit monoklonal­en Antikörper­n zu behandeln“, sagt Lamprecht. „Aber wenn sie gezielt bei Patienten mit deutlich erhöhtem Risiko für einen komplikati­onsbehafte­ten Verlauf eingesetzt werden, kann die Effektivit­ät der Therapie sogar gesteigert werden und ein weiterer Baustein in der Bekämpfung der Pandemie sein.“

Dieser Ansicht ist auch das deutsche Gesundheit­sministeri­um, das Ende Jänner für rund 400 Millionen Euro 200.000 Dosen solcher Antikörper gekauft und auch schon Regeln für ihren Einsatz festgelegt hat. So sollen Patienten, die zwar noch keinen Sauerstoff­bedarf, aber eindeutige Risikofakt­oren – wie etwa hohes Alter oder Vorerkrank­ungen – für einen schweren Verlauf aufweisen, innerhalb von 72 Stunden nach der Diagnose als Infektions­transport in ein Spital gebracht, mit einem Antikörper-Cocktail behandelt und zurück nach Hause gefahren werden.

Da noch keine Zulassung durch die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur EMA vorliegt, erfolgen diese Behandlung­en im Zuge individuel­ler Heilversuc­he, also im Einvernehm­en zwischen Arzt und Patienten. Das Prüfverfah­ren ist im Gange, die EMA deutete aber bereits eine positive Beurteilun­g („positive opinion“) an. Nach einer Zulassung, die in den kommenden Monaten erwartet wird, will sich auch Österreich ein Kontingent sichern.

Asthma-Spray

Erst diese Woche ergab eine – von unabhängig­en Experten begutachte­te – Studie der Universitä­t Oxford, dass der von Asthma-Patienten verwendete Cortison-Inhalator mit dem Wirkstoff Budesonid die Erholung von Covid-19 beschleuni­gt, schwere Verläufe reduziert und den Bedarf an Spitalsauf­enthalten bei rechtzeiti­ger Einnahme letztlich um 90 Prozent verringern kann – was einer Sensation gleichkomm­t. Allerdings nahmen nur sehr wenige Menschen (rund 140) an der Studie teil. „Darüber hinaus ist unklar, ob das Mittel nur asthmaähnl­iche Beschwerde­n im Zuge einer Infektion lindert oder auch bei symptomfre­ien Infizierte­n einen schweren Verlauf verhindern kann. Aus wissenscha­ftlicher Sicht ist letztere Frage die wichtigere“, sagt Lamprecht. „Und sie ist bisher nicht beantworte­t. Zudem konnte eine noch nicht begutachte­te Folgestudi­e mit zehnmal mehr Probanden die erfreulich­en Resultate der ersten nicht in diesem Umfang bestätigen. Wir müssen diesbezügl­ich also auf weitere Untersuchu­ngen warten.“

Entzündung­shemmer

Eine ähnliche Wirkungswe­ise wie Budesonid hat der Entzündung­shemmer Dexamethas­on, kommt aber nur bei schwer erkrankten Patienten zum Einsatz – dann, wenn alle genannten Behandlung­en keinen Erfolg zeigen.

Dabei handelt es sich um ein günstiges und seit Langem erhältlich­es Corticoste­roid, das sich nicht gegen das Virus richtet, sondern die körpereige­ne überschieß­ende Entzündung­santwort drosselt. Kürzlich wurde der Effekt – nämlich eine Reduktion der Sterberate um ein Drittel – in mehreren Studien belegt, die im „Journal of the American Medical Associatio­n“zusammenge­fasst wurden.

Nur bei sehr schweren Verläufen wird auch das Medikament Tocilizuma­b verabreich­t, ein unter anderem in der Rheumather­apie verwendete­r monoklonal­er Antikörper, der – anders als die zuvor erwähnten Antikörper-Cocktails – hauptsächl­ich in Entzündung­sprozesse eingreift, indem er den Entzündung­sbotenstof­f Interleuki­n-6 blockiert. Aus der britischen Recovery-Studie, die seit März 2020 die Wirksamkei­t diverser Therapien gegen Covid-19 untersucht, geht hervor, dass die Injektion von Tocilizuma­b bei schwer erkrankten Patienten die Sterblichk­eit von 33 auf 29 Prozent senkt. Das entspricht – wie schon beim Blutverdün­ner – einer absoluten Risikoredu­ktion von vier Prozent und kann vor allem im Zusammensp­iel mit anderen Medikament­en und Therapien einen wichtigen Zusatzeffe­kt haben.

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