Weg, nichts wie weg
Reisen. Nach 14 Monaten Pandemie steigt die Sehnsucht nach fernen Ländern. Das Risiko für Konsumenten ist allerdings deutlich höher als im vergangenen Jahr. Und der Streit rund um die Erstattung von Ticketpreisen vorprogrammiert.
Soll man diesen Sommer auf Urlaub fliegen? Das Risiko für Konsumenten ist höher als im Vorjahr.
Wien. Weg, nichts wie weg: Nach fast 14 Monaten Pandemie mit mehreren Lockdowns und dem hierzulande äußerst durchwachsenen Frühlingswetter kann man den Wunsch nach einem Ortswechsel niemandem verdenken. Drei Viertel der von Corps Touristique im Jänner befragten Österreicher planen heuer eine private Reise, mehr als die Hälfte zieht es ins Ausland. Aber soll man es wagen? Soll man jetzt einen Flug für den Sommer buchen – in der Hoffnung, dass mit zunehmenden Impfungen die Bewegungsfreiheit zurückkommt und sich die Situation in vielen Ländern entschärft?
Die Antwort von Verbraucherschützern, Juristen und den Airlines selbst ist durchwachsen. Die schlechte Nachricht zuerst: Die Regeln, auf deren Basis im Vorjahr Tausende Reisende – wenn auch nach vielen Beschwerden und Mühen – das Geld für ihr Flugticket zurückbekamen, nachdem sie einen Flug von sich aus nicht antraten, sind heuer nicht mehr anwendbar.
Im Vorjahr haben viele Menschen noch zu einem Zeitpunkt gebucht, als es die Viruskrise nicht gab. Als dann die Pandemie ausbrach und die Reisewarnungen zunahmen, verging vielen die Lust, in ein Flugzeug zu steigen. Bei der Rückforderung des Ticketpreises konnten sie sich auf „außergewöhnliche und unvorhersehbare Umstände“bzw. den „Wegfall der Geschäftsgrundlage“berufen.
Auf dieser Basis hat der VKI im Vorjahr im Zuge einer Sammelaktion zur Rückerstattung coronabedingter Flugannullierungen bei
AUA und Laudamotion 17.000 Betroffenen geholfen. Sie erhielten 8,8 Millionen Euro zurück. Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (APF) erwirkte 1,1 Millionen Euro an Rückzahlungen. Europaweit gehen die Rückzahlungen in die Milliarden, was die stark gebeutelte Luftfahrtbranche zusätzlich belastet. Allein die AUA refundierte von April und August des Vorjahres 120 Millionen Euro. Aber: „Den Bonus der unvorhergesehenen Umstände gibt es heuer nicht mehr“, sagt Reinhold Schranz, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Das Risiko sei hoch, wenn man selbst einen Flug bucht und dann storniert. Eine Chance gebe es, wenn sich die Lage unvorhergesehen noch weiter verschärft. Das sei aber so gut wie ausgeschlossen, meint Schranz, denn schon jetzt gelte für fast alle Staaten der Welt die höchste Reisewarnstufe 6. Das bedeutet übrigens auch, dass man für den Fall, im Ausland hängen zu bleiben, nicht damit rechnen könne, zu
rückgeholt zu werden.
Kleingedrucktes lesen
Deshalb ist es besonders wichtig, sich die Stornobedingungen der Fluglinien genau anzusehen, das Kleingedruckte zu lesen und eine kostenlose Rücktrittsvereinbarung auszumachen. Hilfreich ist auch eine gesonderte Rücktrittsversicherung. Ein weiterer Rat von Schranz: kurzfristig buchen und das Ticket mit einer Kreditkarte bezahlen, die einen Versicherungsschutz bietet. Derzeit locken viele Airlines mit „Sonderangeboten“– sie brauchen Kunden, um
Geld in die Kasse und damit Liquidität zu bekommen, denn ein Ticket muss gleich bei der Buchung bezahlt werden. Wer bei einer Fluglinie der Lufthansa Group, also auch der AUA, bis Ende Mai ein Ticket kauft, kann unabhängig vom Tarif gebührenfrei umbuchen.
Der Tarif spielt allerdings eine Rolle, wenn man den Flug stornieren will, heißt es bei der AUA. Eurowings wirbt mit einem automatisch inkludierten Corona-Reiseschutz, wenn man sich für eine Reiseversicherung bei der Fluglinie entscheidet. Die Reise-Vollschutzund die Reise-Rücktrittsversicherung decken Kosten einer verspäteten Rückreise oder einer Quarantäne. Ryanair, bisher oft in der Kritik wegen mangelnder Beachtung der Passagierrechte, bietet für alle bis Ende Juni gekauften Tickets eine Gratis-Umbuchungsmöglichkeit. Sie gilt für Flüge vor Ende Oktober, zwei Änderungen sind möglich. Dass sich Passagiere kurz vor dem Flug über die aktuell gültigen Reise- bzw. Einreisebestimmungen sowie Quarantäne-Regelungen des Ziellandes informieren, setzen alle Fluglinien voraus.
Viel besser ist es, wenn die Fluglinie von sich aus den Flug cancelt. Auf Basis der EU-Fluggastrechteverordnung bekommt man die Ticketkosten zurück. Einen Gutschein kann, muss man aber nicht akzeptieren. Besser gestellt ist man auch, wenn der Flug zu einer Pauschalreise gehört.