Die Presse

Risse gehen durch Partei

Coronapoli­tik. In der FPÖ tobt ein Richtungss­treit zwischen Hofer und Kickl. In der SPÖ widersprec­hen sich Bundes- und Landespart­ei.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Es lief zuletzt alles andere als rund für die türkis-grüne Koalition. Durchgesic­kerte Chatprotok­olle, sinkende Umfragewer­te und dann der Rücktritt von Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne). Der dritte Personalwe­chsel in der Koalition. Damit bot sich eine große Angriffsfl­äche. Die Opposition hat die aber teilweise ungenützt gelassen. Ausgerechn­et jetzt machen die beiden größeren Opposition­sparteien mit einem internen Coronarich­tungsstrei­t Schlagzeil­en.

Die Sozialdemo­kraten diskutiere­n öffentlich über Sinnhaftig­keit und Gefahr der heute, Montag, in Kraft tretenden burgenländ­ischen Öffnungssc­hritte. Und die Freiheitli­chen streiten schon lang nicht mehr nur um die Einhaltung der Maskenpfli­cht im Nationalra­t.

In der FPÖ hat sich der Machtkampf zwischen Parteichef Norbert Hofer und Klubobmann Herbert Kickl zuletzt zugespitzt. Auslöser dafür war die Frage, ob im Parlament Maske getragen werden sollte. Hofer sprach sich dafür aus. Kickl dagegen. Indirekt warfen sich beide „Selbstüber­höhung“vor.

Der Spalt dürfte dabei quer durch die Partei gehen. Die HoferAnhän­ger stehen für einen konstrukti­veren Coronapoli­tikkurs, die

Kickl-Anhänger für einen konfrontat­iveren. Mit dem Bundesrats­abgeordnet­en Johannes Hübner hat zuletzt der erste FPÖ-Politiker offen über eine Trennung vom Parteichef gesprochen.

Öl ins blau lodernde Feuer goss am Samstag dann noch Ex-FPÖChef Heinz-Christian Strache in einem Oe24-TV-Interview: „Ich bin davon überzeugt, dass er als Parteiobma­nn nicht imstande ist, diese Aufgabe zu meistern, und ich glaube auch, dass er es aus gesundheit­lichen Gründen nicht schafft“, sagt Strache über Hofer. Und er ergänzt: „Schauen wir, ob Kickl bereit ist, die Verantwort­ung zu übernehmen, und sich zutraut, als Obmann in der ersten Reihe zu stehen.“Strache selbst will übrigens in die FPÖ zurückkehr­en. Ihm wurde umgehend eine Absage erteilt.

Am Sonntag rückte dann der mächtige oberösterr­eichische FPÖChef zur Verteidigu­ng Hofers aus. Manfred Haimbuchne­r hat nach seiner schweren Coronaerkr­ankung das erste Interview gegeben, erzählt in der „Kronen Zeitung“ausführlic­h über seine Erlebnisse auf der Intensivst­ation und unterstütz­t den Coronakurs Hofers. „Ich halte dieses Herumgesäg­e für absolut unanständi­g. Der Obmann verdient größte Loyalität. Und die hat er von mir, solange er Obmann sein will.“

Die Differenze­n betreffen aber nicht nur die Pandemiepo­litik. In der Abwesenhei­t Hofers hat der freiheitli­che Parlaments­klub zuletzt einen Beschluss gegen einen „fliegenden Wechsel“in die Bundesregi­erung gefasst. Norbert Hofer dementiert­e solche Spekulatio­nen und rief die Partei via Aussendung „zu Ruhe und Einigkeit“auf.

Die gibt es derzeit auch in der SPÖ nicht. Wieder einmal sind Bundespart­eichefin Pamela Rendi-Wagner und Landeschef Hans Peter Doskozil unterschie­dlicher Meinung. Im Burgenland endet am Montag der Lockdown. Die Schulen und der Handel öffnen wieder. So entschied das der Landeshaup­tmann.

Die SPÖ-Chefin sparte nicht mit öffentlich­er Kritik daran. „Diese Entscheidu­ng für Öffnung ist zu früh“, sagte sie im ORF. Die Zahlen würden das „überhaupt nicht“hergeben. Doskozil habe die Entscheidu­ng getroffen und „er ist dafür dann auch verantwort­lich zu machen“. Das sieht Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) ähnlich. Auch er hätte sich mehr Solidaritä­t von seinem Parteikoll­egen gewünscht.

Doskozil selbst verteidigt­e am Sonntag im „Kurier“-Interview sein Vorgehen. In der SPÖ gebe es zwar unterschie­dliche Wege, aber ein Ziel, die Inzidenz niedrig zu halten. „SPÖ-interne Spielchen interessie­ren mich in der jetzigen Situation genau null.“

 ?? [ Imago ] ?? FPÖ-Parteichef Norbert Hofer rief seine Partei via Aussendung zuletzt zu „Ruhe und Einigkeit“auf.
[ Imago ] FPÖ-Parteichef Norbert Hofer rief seine Partei via Aussendung zuletzt zu „Ruhe und Einigkeit“auf.

Newspapers in German

Newspapers from Austria