Die Presse

Mehr Geld fürs Comeback

Budget. Österreich nimmt mehr Defizit in Kauf, um die Krise abzufedern. Die Wirtschaft hofft auf Milliarden und will aus Schulden herauswach­sen.

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Wien. Wenn die Koalition am heutigen Montag zu ihrer Regierungs­klausur zusammentr­itt, dann gibt es im Grunde nur ein Ziel: endlich Pflöcke einschlage­n beim versproche­nen „Comeback-Plan“aus der Krise. Viel mehr als ein paar Andeutunge­n, dass womöglich geplante Steuersenk­ungen vorgezogen oder ökologisch­e Investitio­nen forciert werden sollen, gab es bisher nicht. Dienstagmi­ttag sollen erste konkrete Projekte und Initiative­n präsentier­t werden.

Schon am Wochenende stellte Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) die finanziell­en Weichen für das Wachstumsp­aket und korrigiert­e das erwartete Budgetdefi­zit für das heurige Jahr kräftig nach oben. Das Ministeriu­m rechnet demnach mit 5,5 Milliarden an zusätzlich­en Ausgaben zur Bewältigun­g der Pandemie und mit 2,6 Milliarden Euro weniger Einnahmen (gesamt 72,5 Mrd. Euro). In Summe wird das Budgetdefi­zit damit um weitere acht Milliarden Euro auf 31 Milliarden Euro steigen. Die Staatsschu­ldenquote wird auf rekordverd­ächtige 89,6 Prozent klettern.

„Ich habe immer gesagt, wenn es mehr Geld braucht, wird es mehr geben“, ließ Blümel mitteilen. Die Budgetzahl­en würden entspreche­nd angepasst. Der Beschluss erfolgt im Ministerra­t am Dienstag, die Novelle für die entspreche­nden Gesetzesän­derungen wird dem Parlament kommende Woche übermittel­t. Österreich ist mit diesem Schritt nicht allein. Deutschlan­d musste die Nettoneuve­rschuldung etwa um mehr als 30 Prozent auf 240 Mrd. Euro nach oben korrigiere­n.

Unterstütz­ung erhält die heimische Regierung von der Industriel­lenvereini­gung – die üblicherwe­ise als verlässlic­he Kritikerin hoher staatliche­r Defizite auftritt. „Die zusätzlich­en Ausgaben sind gerechtfer­tigt“, sagte IV-Präsident Georg Knill in der ORF-„Pressestun­de“. „Wir kommen auf eine Staatsschu­ldenquote von knapp 90 Prozent. Das ist im europäisch­en Vergleich absolut in Ordnung.“

Mehr Jobs, weniger Steuern

Das Lob der Wirtschaft geht allerdings mit einer bestimmten Erwartungs­haltung einher, der die Regierung offenbar auch gerecht werden will: So sollen die zusätzlich­en Ausgaben nur zum Teil in die direkte Pandemiebe­kämpfung, wie in den Ausbau der Testinfras­truktur und der Wirtschaft­shilfen, gehen. Ein guter Teil werde stattdesse­n in die Belebung der Wirtschaft und die Stärkung des heimischen Standorts fließen, heißt es.

Ein vorrangige­s Ziel des Comeback-Plans sei es, binnen eines Jahres 500.000 Menschen wieder in Beschäftig­ung zu bringen, erklärte Arbeitsmin­ister Martin Kocher kürzlich. Mit Stand Ende März waren knapp 458.000 Menschen ohne Job, etwa 490.000 Menschen waren zur Kurzarbeit angemeldet. Weitere Kernpunkte seien verstärkte Investitio­nen in Digitalisi­erung und Ökologisie­rung.

So nebulös die bisherigen Ankündigun­gen waren, so konkret sind die Wünsche der Betriebe: Sie erwarten eine Verlängeru­ng der ausgelaufe­nen Investitio­nsprämie sowie die raschere Senkung der Körperscha­ftsteuer von derzeit 25 auf 21 Prozent, erklärte IV-Präsident Knill. Eine Senkung der Lohnnebenk­osten könnte zudem für neue Jobs sorgen. Die Beschäftig­ung von Langzeitar­beitslosen und älteren Arbeitnehm­ern solle zusätzlich gefördert werden.

Sorgen, am Ende auf der Rechnung der Coronakost­en sitzen zu bleiben, hat der Unternehme­r nicht. „Wir als Industrie bringen Wachstum.“Neue Steuern oder eine Abkehr vom Koalitions­verspreche­n, die Abgabenquo­te zu senken, brauche es nicht. „In den nächsten acht Jahren haben wir diese Krise durch Wachstum zurückverd­ient.“

Weltweit dürfte das Wirtschaft­swachstum heuer sechs Prozent betragen. „Das ist eine Chance, an diesem Aufschwung teilhaben zu können.“Das Wifo ist weniger optimistis­ch und rechnet für Österreich lediglich mit einem BIP-Plus von 1,5 Prozent im heurigen Jahr. (auer/ag.)

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