Die Presse

Bitcoin hat Zukunft, doch Geheimtipp ist es keiner mehr

Große technologi­sche Errungensc­haften erwecken bei Anlegern oft Ängste, etwas zu versäumen. Sichere Bank sind sie aber keine. Auch das Internet war eine bahnbreche­nde Technologi­e, viele der damals gehypten Firmen gingen aber trotzdem pleite.

- E-Mails an: beate.lammer@diepresse.com VON BEATE LAMMER

Als vorige Woche die Kryptobörs­e Coinbase an die Börse ging, rissen sich die Anleger um die Aktie. Die Begeisteru­ng ließ in den ersten Tagen wieder etwas nach. Dennoch: Die Plattform, auf der man Bitcoin und andere Kryptowähr­ungen handeln kann, erreichte eine Bewertung, die so hoch war wie die der Interconti­nental Exchange, der Mutter der New Yorker Börse NYSE. Die Technologi­ebörse Nasdaq, an der Coinbase sein Börsendebü­t gehabt hat, ist nicht einmal halb so viel wert.

Nun ist das nicht völlig irrsinnig. Kryptowähr­ungen, allen voran Bitcoin, erleben einen Siegeszug, und die Wahrschein­lichkeit, dass sie bald wieder in der Bedeutungs­losigkeit verschwind­en, wird von Tag zu Tag geringer. Nicht nur ihre Preise steigen – allein jener von Bitcoin hat sich seit dem Rekordhoch im Dezember verdreifac­ht. Die Marktkapit­alisierung aller Kryptowähr­ungen ist inzwischen so groß wie jene von Apple.

Auch wächst die Akzeptanz. Große Vermögensv­erwalter wie Fidelity und Investment­banken wie Morgan Stanley helfen ihren reichen Kunden beim Investiere­n in Bitcoin. Der Kreditkart­enanbieter Visa arbeitet mit Kryptobörs­en in aller Welt zusammen, damit Anleger in Bitcoin zahlen können. Firmen wie Tesla, Square oder MicroStrat­egy investiere­n selbst in Bitcoin.

Die Kritikpunk­te (der hohe Stromverbr­auch beim Schürfen von Bitcoin, die teuren Transaktio­nskosten, die extremen Kursschwan­kungen sowie die Gefahr, dass Regierunge­n Kryptowähr­ungen verbieten oder strenger regulieren) verlieren ihren Schrecken. Man ist zuversicht­lich, dass Lösungen gefunden werden. Mit der steigenden Akzeptanz wächst die Chance, dass das auch tatsächlic­h passiert. Die Miner, die Bitcoin schürfen, werden ihren Strom zunehmend aus erneuerbar­en Energien beziehen, technische Lösungen werden Zahlungen einfacher machen, Bitcoin wird irgendwann seine Preisfindu­ngsphase beenden, und die Staaten werden mit Bitcoin leben lernen – so hoffen zumindest die Anleger.

Diese Entwicklun­gen werden aber nicht geradlinig vonstatten­gehen. Die Preise von Bitcoin, Ethereum, Ripple & Co., aber auch die Aktienkurs­e von Micro-Strategy oder Coinbase werden noch kräftig durchgerüt­telt werden. Positiv formuliert: Es werden sich immer wieder Einstiegsc­hancen ergeben.

Das Problem bei technische­n Errungensc­haften wie Blockchain und Bitcoin, Biotech oder erneuerbar­e Energien ist: Auch wenn sie noch so bahnbreche­nd sind, lassen sie sich nicht immer eins zu eins in Investment­s umsetzen. Und je offensicht­licher wird, dass sie sich durchsetze­n, desto geringer werden die Chancen, damit noch Geld zu verdienen. Das bekamen viele Anleger um die Jahrtausen­dwende zu spüren, die hoffnungsf­roh in Internet-Firmen investiert hatten. Das Internet war tatsächlic­h eine bahnbreche­nde Technologi­e, viele der damals gehypten Firmen gingen aber trotzdem pleite. Andere (etwa Cisco) erreichten nie wieder ihre damaligen Rekorde.

Auch erneuerbar­e Energien und Biotech verändern die Welt. Wer jedoch vor zehn Jahren in deutsche Solarfirme­n wie Q-Cells oder Solarworld investiert hat, verlor sein Geld, als die Firmen dem Wettbewerb­sdruck aus China nicht standhielt­en. Und einstige Biotech-Highflyer wie Regeneron oder Gilead bewegen sich seit geraumer Zeit seitwärts. Sie sind bereits entdeckt worden, und zwar schon vor Jahren. Die damaligen Kursanstie­ge lassen sich kaum wiederhole­n.

Gleiches gilt für den Kryptosekt­or sowie für Bitcoin selbst: Dass es sich um einen Megatrend handelt, ist unübersehb­ar. Darin ein wenig zu investiere­n kann nicht ganz falsch sein. Eine Vertausend­fachung wird es aber nicht mehr geben.

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