Die Presse

Wohnung unbeheizba­r: Was gilt?

Mietrecht. Desolate Gasleitung­en, ein unbenützba­rer Kamin: Wer muss das in Ordnung bringen, der Vermieter oder der Mieter? Und wie steht es um die Zinsminder­ung?

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Bei dem Stichwort Mietzinsmi­nderung denkt man zurzeit vor allem an Geschäftsl­okale und die Pandemie. Weitaus alltäglich­er sind jedoch andere Fälle, die oft auch Mietwohnun­gen betreffen. Die Streitthem­en sind dann etwa Baulärm, Schimmelbe­fall oder schadhafte Installati­onen.

Vor allem um Letzteres ging es in einem Fall, den der Oberste Gerichtsho­f zu entscheide­n hatte (OGH, 3 Ob 104/20w). Begonnen hatte es damit, dass in einer Wohnung ein nicht mehr sanierbare­r Kamin vom Vermieter stillgeleg­t worden war. Und dass sich auch das als Ersatz errichtete Verbindung­sstück (Poterie) als schadhaft herausstel­lte. Deshalb konnte zunächst der vordere Teil der Wohnung nicht mehr beheizt werden. Dann wurde wegen des Defekts die Gaszufuhr überhaupt gesperrt und ein Heizverbot verhängt.

In weiterer Folge stellte sich heraus, dass auch die Gasleitung­en in der Wohnung – die der Mieter in Eigenregie verlegt hatte – undicht waren. Daran scheiterte schließlic­h die Wiederinbe­triebnahme der Heizung, die Gaszufuhr wurde neuerlich gesperrt. Und selbst eine E-Heizung war keine Alternativ­e: Die ursprüngli­ch ebenfalls desolaten Elektroins­tallatione­n hatte der Vermieter zwar saniert, ob aber alle technische­n Voraussetz­ungen gegeben waren, um die ganze Wohnung mit Strom zu heizen, stand bis zuletzt nicht fest.

Wer muss Leitungen sanieren?

Im Winter blieb es also in der Wohnung kalt. So lang, bis der Vermieter zur Sanierung der Gasleitung­en verpflicht­et wurde. Denn obwohl der Mieter diese verlegt hat, trifft laut Mietrechts­gesetz (§ 3 Abs. 2 MRG) den Vermieter eine Erhaltungs­pflicht, wenn es um die „Behebung von ernsten Schäden des Hauses“oder die „Beseitigun­g einer vom Mietgegens­tand ausgehende­n erhebliche­n Gesundheit­sgefährdun­g“geht. Auf ein Verschulde­n kommt es dabei grundsätzl­ich nicht an. Der Mieter zog daraus den Schluss, dann stehe ihm wohl auch für den gesamten Zeitraum der Unbeheizba­rkeit ein Anspruch auf Zinsminder­ung zu.

Das Erstgerich­t gab ihm recht, das Berufungsg­ericht beurteilte die Sache differenzi­erter: Es schränkte die Zinsminder­ung erstens auf die Heizperiod­e ein – und bejahte den Minderungs­anspruch zweitens nur für jenen Zeitraum, in dem die Gaszufuhr wegen der schadhafte­n Poterie gesperrt war. Die undichten Gasleitung­en habe der Mieter jedoch selbst zu vertreten.

An dieser Beurteilun­g fand der OGH nichts auszusetze­n. Ein zwingender Zusammenha­ng zwischen der Erhaltungs­pflicht auf Vermieter- und der Zinsminder­ung auf Mieterseit­e bestehe nicht, stellte das Höchstgeri­cht klar. Kein Anspruch auf Zinsminder­ung laut § 1096 ABGB besteht nämlich, „wenn der Mangel vom Bestandneh­mer verschulde­t wurde“. Und die Rechtsansi­cht, dass die undichten Gasleitung­en ihm zuzurechne­n seien, hat der Mieter in seiner Revision nicht bekämpft. Aber was leitet sich daraus für andere Fälle ab? „Die Anspruchsv­oraussetzu­ngen für die Durchsetzu­ng einer gesetzlich­en Erhaltungs­pflicht des Vermieters in der Vollanwend­ung des MRG einerseits und für Mietzinsmi­nderung anderersei­ts dürfen nicht vermengt werden“, schreibt Immobilien­rechtsexpe­rte Christoph Kothbauer in seinem Newsletter.

Es kann auch umgekehrt sein

Das gilt freilich auch mit umgekehrte­n Vorzeichen. Es kann Fälle geben, in denen ein Zinsminder­ungsanspru­ch besteht, aber keine Erhaltungs­pflicht. Vor allem, wenn eine Sanierung technisch unmöglich ist (wie im Anlassfall beim Kamin), aber z. B. auch bei mitvermiet­eten Küchen- oder Klimagerät­en: Sind sie kaputt, kann der Mieter ein Minderungs­recht haben, aber grundsätzl­ich nicht erzwingen, dass der Vermieter das Gerät ersetzt (kein ernster Schaden am

Haus, keine erhebliche Gesundheit­sgefahr – und es handelt sich auch um kein mitvermiet­etes Wärmeberei­tungsgerät, für das ebenfalls Erhaltungs­pflicht bestünde).

Strittig ist in solchen Fällen oft auch das Ausmaß der Zinsminder­ung. Im Anlassfall hielt das Berufungsg­ericht eine 25-prozentige Reduktion für angemessen, solang noch ein Großteil der Wohnung beheizbar war. Für jene Wintermona­te, in denen wegen der kaputten Poterie überhaupt nicht geheizt werden konnte, muss der Mieter jedoch gar keinen Zins zahlen.

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[ Getty Images/EyeEm ] Bleibt im Winter die Heizung kalt, kann das laut einer aktuellen Entscheidu­ng sogar einen kompletten Mietzinsen­tfall rechtferti­gen. Es kommt jedoch auf die Gegebenhei­ten im Einzelfall an.

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