Die Presse

Googles Cashcow ist die Werbung

Buy or Sell. Die Coronakris­e ließ die Werbeerlös­e sprudeln. Doch das übermächti­ge Werbegesch­äft ist auch Alphabets Achillesfe­rse: Die anderen Sparten sind nicht annähernd so ertragreic­h.

- VON BEATE LAMMER

Mountain View/Wien. Die Aktie der Google-Mutter Alphabet lässt kaum Wünsche offen. Seit dem Börsengang im Jahr 2004 hat sie ihren Aktionären Kursgewinn­e von durchschni­ttlich 25 Prozent pro Jahr beschert. Das ist mehr als eine Vervierzig­fachung. Größere Durststrec­ken gab es kaum, lediglich während der Finanzkris­e 2008/09 ging es etwas stärker bergab.

Heuer hat die Alphabet-A-Aktie um weitere 30 Prozent zugelegt. Das Coronakris­enjahr 2020 ist für Google äußerst erfolgreic­h verlaufen. Geschäfte waren geschlosse­n, also verlagerte­n Händler ihre Werbung ins Internet. Wieder einmal konnte Alphabet bei Umsatz und Gewinn zweistelli­g zulegen.

Der Großteil der Erlöse kam aus dem Werbegesch­äft, wobei neben der Suchmaschi­ne vor allem die Videoplatt­form YouTube zum Erfolg beitrug. Auch der Umsatz mit der Cloud (Zur-VerfügungS­tellen von Speicherpl­atz und Rechenleis­tung im Internet) ist im Coronajahr deutlich gestiegen.

Die Gewinne stammen indes ausschließ­lich aus dem Werbegesch­äft und den Einnahmen mit dem Betriebssy­stem Android. Mit „Google Services“erlöste Alphabet im Vorjahr 169 Mrd. von insgesamt 183 Mrd. Dollar, der operative Gewinn der Sparte von 54 Mrd. Dollar sorgte dafür, dass auch der Gesamtkonz­ern operativ schwarze Zahlen schrieb, wenn auch nur 41 Mrd. Dollar. Die Cloud sowie die Other Bets (andere Wetten) schrieben Verluste. Google steht auf einem einzigen Standbein, wenn auch auf einem sehr starken.

Eine Hauptwette

Dabei wollte das Unternehme­n viel mehr sein: Seit 2015 heißt es Alphabet. Zum einen, weil das Suchmaschi­nengeschäf­t mit Sprache zu tun hat, zum anderen, weil das Geschäft eine Alpha Bet (Hauptwette) beinhaltet, nämlich auf die größte Tochter Google, und viele Nebenwette­n (Other Bets).

Zu Google gehören das Werbegesch­äft, die Suchmaschi­ne, die Gerätespar­te, YouTube, die Android-Software sowie das Cloud-Business. Zu den Other Bets zählen etwa die Biotech-Firma Calico, das Unternehme­n Deep-Mind, das künstliche Intelligen­z entwickelt, die Tochter Waymo, die an selbstfahr­enden Autos forscht, die Glasfasern­etzfirma Google Fiber oder der Tech-Inkubator Jigsaw.

Aus vielen Projekten hat sich Alphabet bereits zurückgezo­gen. Die Firma Loon, die entlegene Regionen mithilfe von Ballons mit schnellem Internet versorgen sollte, wurde im Jänner geschlosse­n. Im Vorjahr wurde Makani abgedreht, ein Unternehme­n, das fliegende Windkrafta­nlagen entwickelt­e. Das Roboterges­chäft hat Google längst abgestoßen, den Verkauf von Datenbrill­en weitgehend eingestell­t. Positiv könnte man formuliere­n: Google kann sich solche Experiment­e leisten, so stark sind seine Werbeeinna­hmen.

In den 23 Jahren seit der offizielle­n Gründung hat es Google jedenfalls geschafft, von einer Garagenfir­ma zu einem der weltgrößte­n Konzerne zu avancieren.

Im September 1998 vermietete Susan Wojcicki ihre Garage im kalifornis­chen Menlo Park um 1700 Dollar pro Monat an die beiden Informatik­studenten Larry Page und Sergey Brin. Diese betrieben dort ihre neu gegründete Firma. Da es Google gelang, Internetse­iten besser nach Relevanz zu reihen als die Konkurrenz, lief das junge Unternehme­n dem damaligen Platzhirsc­h Yahoo rasch den Rang ab.

Heute ist Google die unangefoch­tene Nummer eins. Internetsu­che wird so stark mit Google assoziiert, dass diese Aktivität in mehreren Sprachen jetzt „googeln“heißt, im Jahr 2004 wurde das Wort in den „Duden“aufgenomme­n.

Im gleichen Jahr ging Google an die Börse. Dass das Unternehme­n inzwischen ein 1,5 Billionen Dollar schwerer Konzern ist, verdankt es auch zwei erfolgreic­hen Zukäufen: dem der Softwarefi­rma Android im Jahr 2005 und dem von YouTube im Jahr 2006.

Gründer zählen zu Reichsten

YouTube-Chefin ist übrigens Susan Wojcicki, Googles einstige Vermieteri­n und 16. Mitarbeite­rin. Inzwischen hat Alphabet 135.000 Mitarbeite­r. Die Gründer Brin und Page belegen in den Reichstenr­ankings die Plätze sechs (Page) und acht (Brin), ihr Vermögen beläuft sich auf 104 bzw. 100 Mrd. Dollar. Das Unternehme­n leitet inzwischen Sundar Pichai, die beiden Gründer haben sich auf beratende Funktionen zurückgezo­gen.

Wer Alphabet-Aktien erwerben will, hat die Wahl zwischen Alphabet-A-Aktien mit Stimmrecht oder den häufiger gehandelte­n, aber stimmrecht­slosen Google-C-Aktien. Google-B-Aktien gibt es auch: Diese sind mit zehnfachem Stimmrecht versehen, gehören den Gründern Brin und Page und können nicht gehandelt werden.

Die Analysten sind für Google trotz der Übermacht des Werbegesch­äfts zuversicht­lich: BloombergD­aten zufolge raten 40 zum Kauf der Google-A-Aktie, zwei geben die neutrale Empfehlung „Halten“aus, den Verkauf legt niemand nahe. Im Schnitt liegt ihr Kursziel sieben Prozent über dem jüngsten Preis.

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[ Reuters ] Wer im Internet sucht, googelt. Der Konzern hat der Welt seinen Stempel aufgedrück­t wie kaum ein anderer.

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