Mit Virus und ohne Maske im Parlament: Gefängnisstrafe droht
Gastbeitrag. Die Hausordnung des Parlaments sieht zwar keine Sanktionen für Maskenverweigerer vor; es bleibt aber das Strafrecht zu beachten.
Linz. Die Hausordnung für die Parlamentsgebäude 2006 wurde am 7. April 2021 um folgende Bestimmung ergänzt: „In geschlossenen Räumen ist eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.“Dessen ungeachtet verweigerten in der Sitzung des Nationalrats am 9. April Mitglieder einer Parlamentsfraktion das Tragen von FFP2-Masken demonstrativ.
Sanktionen blieben aus. Nach der Hausordnung sind solche schlicht nicht vorgesehen. Die Hausordnung gibt allerdings ebenso wie die Schutzmaßnahmen der Covid-Gesetzgebung einen strafrechtlich relevanten Sorgfaltsmaßstab vor.
Bestehen sohin unter Umständen andere Möglichkeiten, um ein derartiges in der derzeitigen Pandemie unangebrachtes Verhalten – das Verweigern des Tragens einer FFP2-Maske – zu sanktionieren?
Fahrlässige Gefährdung
Zu denken wäre dabei an den Tatbestand der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten (§ 179 Strafgesetzbuch – StGB). Demnach ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen, wer fahrlässig eine Handlung begeht, die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, wenn die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört. Dogmatisch gesehen zählt § 179 StGB zu den sogenannten abstrakten (potenziellen) Gefährdungsdelikten. Für eine Strafbarkeit genügt daher der Nachweis einer bloß gedanklichen (theoretischen, abstrakten) Möglichkeit, dass durch das inkriminierte Verhalten – in unserem Fall das objektiv sorgfaltswidrige und damit fahrlässige Nichttragen einer FFP2-Maske – die Verbreitung von Covid-19 herbeigeführt werden kann. Dass das Gegenüber in weiterer Folge tatsächlich an Covid-19 erkrankt, ist für die Erfüllung dieses Tatbestandes indes nicht erforderlich. Eine „bloße“Gefährdung ist ausreichend. Aufgrund der hohen Infektiosität des Coronavirus, nicht zuletzt auch seiner zahlreichen Mutationen, wird durch das Nichttragen eines Mund-Nasen-Schutzes insbesondere in geschlossenen Räumlichkeiten eine solche Gefahr regelmäßig geschaffen. Reduzieren bzw. beseitigen ließe sich diese Gefahr wohl nur dann, wenn man stets strikt auf die Einhaltung eines Mindestabstandes von (derzeit) zwei Metern zu seinem Gegenüber achtet. Ein Unterfangen, welches sich im täglichen Leben jedoch kaum umsetzen lässt.
Mindestabstand hilft
Selbstverständlich gelten alle diese Überlegungen nur für den Fall, dass man das Coronavirus tatsächlich in sich trägt, davon aber keine
Kenntnis hat. Lässt sich also nachweisen, dass jemand ungeachtet seiner Covid-19-Infektion bei Begegnungen mit anderen – entgegen der Hausordnung des Parlaments oder entgegen den CovidSchutzgesetzen – keinen MundNasen-Schutz getragen und auch den erforderlichen Mindestabstand nicht eingehalten hat, so vermag dies mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Strafbarkeit wegen zumindest fahrlässiger Tatbegehung zu begründen.
Vielleicht kann dies so manchen Maskengegner zu einem Umdenken bewegen. Die Bilder von überlasteten Intensivstationen vermögen dies offensichtlich nicht.
Priv.-Doz. Dr. Oliver Plöckinger, LL.M. ist Partner bei SCWP Schindhelm.