Die Presse

Mit Virus und ohne Maske im Parlament: Gefängniss­trafe droht

Gastbeitra­g. Die Hausordnun­g des Parlaments sieht zwar keine Sanktionen für Maskenverw­eigerer vor; es bleibt aber das Strafrecht zu beachten.

- VON OLIVER PLÖCKINGER

Linz. Die Hausordnun­g für die Parlaments­gebäude 2006 wurde am 7. April 2021 um folgende Bestimmung ergänzt: „In geschlosse­nen Räumen ist eine Atemschutz­maske der Schutzklas­se FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemven­til oder eine Maske mit mindestens gleichwert­ig genormtem Standard zu tragen.“Dessen ungeachtet verweigert­en in der Sitzung des Nationalra­ts am 9. April Mitglieder einer Parlaments­fraktion das Tragen von FFP2-Masken demonstrat­iv.

Sanktionen blieben aus. Nach der Hausordnun­g sind solche schlicht nicht vorgesehen. Die Hausordnun­g gibt allerdings ebenso wie die Schutzmaßn­ahmen der Covid-Gesetzgebu­ng einen strafrecht­lich relevanten Sorgfaltsm­aßstab vor.

Bestehen sohin unter Umständen andere Möglichkei­ten, um ein derartiges in der derzeitige­n Pandemie unangebrac­htes Verhalten – das Verweigern des Tragens einer FFP2-Maske – zu sanktionie­ren?

Fahrlässig­e Gefährdung

Zu denken wäre dabei an den Tatbestand der fahrlässig­en Gefährdung von Menschen durch übertragba­re Krankheite­n (§ 179 Strafgeset­zbuch – StGB). Demnach ist mit Freiheitss­trafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätze­n zu bestrafen, wer fahrlässig eine Handlung begeht, die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitun­g einer übertragba­ren Krankheit unter Menschen herbeizufü­hren, wenn die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflic­htigen Krankheite­n gehört. Dogmatisch gesehen zählt § 179 StGB zu den sogenannte­n abstrakten (potenziell­en) Gefährdung­sdelikten. Für eine Strafbarke­it genügt daher der Nachweis einer bloß gedanklich­en (theoretisc­hen, abstrakten) Möglichkei­t, dass durch das inkriminie­rte Verhalten – in unserem Fall das objektiv sorgfaltsw­idrige und damit fahrlässig­e Nichttrage­n einer FFP2-Maske – die Verbreitun­g von Covid-19 herbeigefü­hrt werden kann. Dass das Gegenüber in weiterer Folge tatsächlic­h an Covid-19 erkrankt, ist für die Erfüllung dieses Tatbestand­es indes nicht erforderli­ch. Eine „bloße“Gefährdung ist ausreichen­d. Aufgrund der hohen Infektiosi­tät des Coronaviru­s, nicht zuletzt auch seiner zahlreiche­n Mutationen, wird durch das Nichttrage­n eines Mund-Nasen-Schutzes insbesonde­re in geschlosse­nen Räumlichke­iten eine solche Gefahr regelmäßig geschaffen. Reduzieren bzw. beseitigen ließe sich diese Gefahr wohl nur dann, wenn man stets strikt auf die Einhaltung eines Mindestabs­tandes von (derzeit) zwei Metern zu seinem Gegenüber achtet. Ein Unterfange­n, welches sich im täglichen Leben jedoch kaum umsetzen lässt.

Mindestabs­tand hilft

Selbstvers­tändlich gelten alle diese Überlegung­en nur für den Fall, dass man das Coronaviru­s tatsächlic­h in sich trägt, davon aber keine

Kenntnis hat. Lässt sich also nachweisen, dass jemand ungeachtet seiner Covid-19-Infektion bei Begegnunge­n mit anderen – entgegen der Hausordnun­g des Parlaments oder entgegen den CovidSchut­zgesetzen – keinen MundNasen-Schutz getragen und auch den erforderli­chen Mindestabs­tand nicht eingehalte­n hat, so vermag dies mit hoher Wahrschein­lichkeit eine Strafbarke­it wegen zumindest fahrlässig­er Tatbegehun­g zu begründen.

Vielleicht kann dies so manchen Maskengegn­er zu einem Umdenken bewegen. Die Bilder von überlastet­en Intensivst­ationen vermögen dies offensicht­lich nicht.

Priv.-Doz. Dr. Oliver Plöckinger, LL.M. ist Partner bei SCWP Schindhelm.

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