Philharmoniker: Warum blieb die Impfung geheim?
Alle Mitglieder wurden zur Impfung gebeten – und um Stillschweigen. Das habe man der Stadt zugesichert.
Die Impf-Vorreihung der Wiener Philharmoniker, von denen 95 Musiker am vergangenen Montag ungeachtet von Alter oder Vorerkrankungen eine erste Dosis gespritzt bekommen haben, sorgt für Diskussionen: Während einerseits mit der Bedeutung des Orchesters argumentiert wird, stößt die von der „Presse“recherchierte Meldung andererseits auf Unverständnis – und andere Kulturschaffende fordern nun ebenso einen Impftermin.
Vor der Aktion waren auch intern die Wogen hochgegangen. In einem offenen Brief an alle Mitglieder, der der „Presse“vorliegt, warnte ein Orchestermusiker vor dem Impftermin davor, dass die Vorreihung das Ansehen der Philharmoniker gefährden könnte, und kritisierte, dass dem Beschluss keine ausgiebige interne Diskussion vorausgegangen sei. Zuvor seien per E-Mail alle aktiven Orchestermitglieder zur Impfung eingeladen worden (und nicht nur jene, die für konkrete Projekte gebraucht würden, wie es in einem Statement hieß). Es wurde um rege Teilnahme gebeten – und um „absolute Diskretion und Verschwiegenheit“. Denn: „Wir können unseren Verein nur damit schützen, verantwortungsvoll mit dieser Information umzugehen.“
„Wir haben Schutz verdient“
„Wird hier bewusst ein Imageschaden in Kauf genommen, um vielleicht drei, vier Monate früher geimpft zu sein?“, kritisierte der Musiker das Vorgehen. Im Nachhinein hätte er sein Schreiben vielleicht anders formuliert, sagt er der „Presse“, sei die Impfaktion doch „sauberer abgelaufen, als ich gedacht habe“. Sprich: offiziell über die Stadt Wien.
Dennoch blieb das Vorgehen zunächst geheim. Warum? „Weil wir der Stadt Wien eine gewisse Diskretion zugesichert haben“, erklärte PhilharmonikerGeschäftsführer Michael Bladerer am Sonntag einer Journalistenrunde. Gebe es doch viele Gruppen, die berechtigterweise auch eine Impfung fordern, die man nicht brüskieren wollte. Für die Hauptprobe von „Parsifal“habe das Orchester sieben Stunden lang ohne Abstand und Maske im Graben sitzen müssen, während vom Chor an der Rampe „ein Schwall auf das Orchester niedergeht. Das ist eine Gefährdung“, so Bladerer. „Wir sind der Meinung, dass wir diesen Schutz auch verdienen.“(kanu)