Inflation – Gespenst oder (Struktur-)Wandel?
Geldpolitik. Während der Preisanstieg 2021 eine Reaktion auf die tiefen Preise des Vorjahrs ist, bahnen sich strukturelle Änderungen an.
Mit +2,0 % hat sich der heimische Preisanstieg im März wieder beschleunigt. Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland und anderswo (USA +2,6 %). Das ist Futter für alle, die jetzt die große Inflation kommen sehen. Denn vor drei Monaten waren die Preisdaten noch im Keller.
Eine nüchterne Betrachtung zwischen kurz- und langfristigen Einflussfaktoren bringt ein differenziertes Bild. Denn „Inflation“gibt es schon gut zwei Jahrzehnte, zwar nicht auf den Güter-, aber auf den Finanzmärkten. Die extrem expansive Geldpolitik vieler Notenbanken hat Aktien- und Anleihekurse, Immobilienpreise und Gold markant nach oben getrieben. Einfach, weil ein großer Teil des zusätzlichen Geldes der privaten Haushalte und Unternehmen nicht für Konsum und Investitionen, sondern für Ansparen und Finanzanlagen verwendet wurde. Die Nullzinsen der Zentralbanken haben paradoxerweise dazu geführt, dass die Sparleistung bei vielen Einkommensbeziehern wegen der ausbleibenden Veranlagungserträge gestiegen ist, und weniger der Konsum.
Daneben hat das globalisierte Angebot bei dauerhaften Konsumgütern für hohen Preisdruck und daher nur für marginale Preisentwicklung gesorgt. Die deutlich stärker steigenden Dienstleistungspreise wurden dadurch kompensiert. Der mangelnde Produktivitätsfortschritt wurde über Lohnzurückhaltung ausgeglichen.
Preisanstieg über Eurozone
Daher sind die Verbraucherpreise in der Eurozone in den vergangenen zehn Jahren nur um durchschnittlich 1,2 % angestiegen. Die österreichischen Haushalte wurden mit +2,0 % im Schnitt weit mehr zur Kasse gebeten. Hartnäckige Preissteigerungen bei Dienstleistungen zwischen zwei und drei Prozent pro Jahr waren dafür ausschlaggebend. Ebenso steigen die administrierten Preise der öffentlichen Hand in Österreich stärker als jene der Privatwirtschaft. Teilweise schlugen sich auch die Immobilienpreise auf die Wohnungskosten nieder. Mit +5,3 % (März 2021) sind diese zu einer ständigen Belastungsprobe speziell für Geringverdiener geworden. Niedrigeinkommen haben die Teuerung insgesamt aber schon bisher mehr gespürt. Der Mikrowarenkorb, welcher die Güter des täglichen Bedarfs in Österreich widerspiegelt, hat von 2016 bis 2020 durchschnittlich um 2,3 % jährlich zugelegt, also mehr als von der Europäischen Zentralbank (EZB) als Preisziel postuliert wird.
Wenn 2021 – wie in den ersten Monaten in den USA, Deutschland und Österreich bereits sichtbar – die Verbraucherpreise deutlich gegenüber dem Vorjahr zulegen, ist dies noch kein Zeichen einer Inflationsgefahr, sondern primär dem niedrigen Ausgangsniveau von 2020 geschuldet. Energiepreise