Rechnungshof prüft Impfstoff-Einkäufe
Covid. Die SPÖ verlangt, die zögerlichen Impfstoffeinkäufe und ihre Konsequenzen zu prüfen. Der neue Gesundheitsminister verbrachte seinen ersten Arbeitstag als Impfarzt. Kanzler Kurz verspricht Öffnungen – Wien bleibt lieber vorsichtig.
Wien. Wer hat die vermurkste Impfbestellung zu verantworten? Das grüne Gesundheitsressort, das die Bestellungen getätigt hat – wie die ÖVP behauptet. Oder doch das ÖVP-geführte Finanzministerium, das ein zu enges Budgetkorsett geschnürt hat – wie die Grünen behaupten. Um diese Streitfragen zu klären, hat die SPÖ nun ein Prüfverlangen an den Rechnungshof geschickt.
Tatsache ist jedenfalls: Österreich hat weniger bestellt, als möglich gewesen wäre, und das wirft das Land jetzt im europäischen Impfkontext immer weiter zurück. Staaten wie Dänemark werden Ende Juni rund 80 Prozent ihrer Bevölkerung durchgeimpft haben – Österreich hinkt Wochen hinterher. Das hat zuletzt sogar dazu geführt, dass einzelne Unternehmen wie die Kranfirma Palfinger ihre Schlüsselarbeitskräfte zum Impfen ins Ausland geschickt haben. Man sei nicht mehr konkurrenzfähig, hieß es.
Die SPÖ will darum, dass der Rechnungshof sämtliche Verträge der Republik mit den Impfstoffherstellern prüft. Dabei sollen insbesondere die Rolle des Bundeskanzleramts bei der Koordinierung und der Verhandlung sowie die vom Bund gesteckten finanziellen Rahmenbedingungen geprüft werden – und welche zusätzlichen Möglichkeiten es für Impfstoffbeschaffung gegeben hätte.
„Es geht darum, mit dieser
Prüfung festzustellen, wie der Beschaffungsvorgang und die Entscheidungen in den Ministerien dazu abgelaufen sind, um solche Fehler in Zukunft zu verhindern“, sagt SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried zur „Presse“.
Mückstein ruft zum Impfen auf
Der neue Gesundheitsminister, Wolfgang Mückstein, muss jedenfalls aktuell mit den Konsequenzen aus den Entscheidungen vom November arbeiten. Und das heißt: So viele Österreicher wie möglich auch dazu zu bringen, sich impfen zu lassen, damit ein möglichst breiter gesamtgesellschaftlicher Schutzschirm entsteht. Seinen ersten Arbeitstag startete der frischgebackene grüne Minister am Dienstag im Austria Center, wo er als Impfassistent diente. „Bitte lassen Sie sich zum erstmöglichen Zeitpunkt impfen“, sagt er. Nur wenn sich möglichst viele impfen lassen, sei bald ein normales Leben wieder möglich.
„Wien ist sehr gut vorbereitet, danke Herr Stadtrat“, sagte Mückstein zum Wiener SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, der ebenfalls anwesend war. Hacker sagte, dass er zuversichtlich sei, „dass wir in vielen gesundheitspolitischen Fragen eine gemeinsame Meinung entwickeln können.“Was Schuhmode betrifft, sind die beiden jedenfalls schon auf einer Wellenlänge: Sie kamen beide in weißen Sneakers.
Ludwig auf der Bremse
Bis Vorsichtsmaßnahmen wie Maske und Abstand gänzlich zurückgenommen werden können, wird es trotz Impffortschritt dauern. Die in Österreich mittlerweile vorherrschende britische Virusvariante ist aggressiv und die Lage in den Spitälern trotz leichter Erholung noch immer angespannt.
Die Wirtschaft drängt auf ein Öffnen – und auch Bundeskanzler Sebastian Kurz stellt Erleichterungen in Aussicht. Ab Mitte Mai soll es österreichweit einheitliche Öffnungsschritte geben, die aber mit „sehr strengen Auflagen“verbunden sein sollen. Dazu gehören etwa Zutrittstest in Gastronomie und im Tourismusbereich – aber nicht im Handel, sagte Kurz am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. Der konkrete Öffnungsplan werde von der Öffnungskommission erarbeitet. Erste Details soll es Ende der Woche geben. „Wir alle brauchen einen Schritt in Richtung Normalität“, betonte Kurz. Er gehe auch davon aus, dass die beiden Bundesländer Niederösterreich und Wien bis Anfang Mai auf dem Niveau der restlichen Bundesländer sein könnten.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig will in Bezug auf Öffnungsschritte noch vorsichtig bleiben. Anfang kommender Woche soll in Wien darüber beraten werden, wie das weitere Vorgehen aussieht. Ludwig betonte am Dienstag, dass sich die Situation in den Spitälern etwas gebessert habe. „Die Sicherheitsmaßnahmen, die wir gesetzt haben, wirken.“Wie stark, würde sich aber immer erst zeitverzögert zeigen. „Von daher bin ich sehr vorsichtig, was weitere Öffnungen betrifft.“Er werde solche erst verantworten, wenn sie zu rechtfertigen sind, versprach er.
Kritik am Plan der Regierung übte die FPÖ. An die Öffentlichkeit gelangte Informationen seien „ernüchternd“, so FPÖ-Chef Norbert Hofer. Eintrittstests in die Gastronomie würden eine massive Pleitewelle zur Folge haben, glaubt er.