Die Presse

Brutaler Überfall auf Ordensbrüd­er geklärt

Wien-Strebersdo­rf. Ein Obdachlose­r wurde in Zagreb festgenomm­en. Das mutmaßlich­e Motiv des Mannes: Hass auf die katholisch­e Kirche. Er wollte Missbrauch­sfälle rächen. Bezug zu seinen Opfern, sechs Schulbrüde­rn, hatte er nicht.

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Wien. Der Überfall auf sechs Ordensbrüd­er der Wiener Schulbrüde­r in Wien Floridsdor­f kurz nach Weihnachte­n 2018 ist geklärt. Ein 49-jähriger Tatverdäch­tiger ist in Haft und geständig. Sein Motiv war Hass auf die katholisch­e Kirche, wie die Ermittler am Montag bei einer Pressekonf­erenz bekannt gaben.

Eine DNA-Spur führte im Frühjahr 2021 die Kriminalis­ten über Deutschlan­d zu dem Kroaten, der dort wegen schweren Raubes und Geiselnahm­e verurteilt worden ist. Am 11. Mai konnte er in seiner Heimat, nach enger Zusammenar­beit zwischen Wien in Zagreb, festgenomm­en werden.

Den 49-Jährigen festzunehm­en gestaltete sich schwierig, weil er auf der Straße lebte. Nach seiner Verhaftung wurde er vergangene Woche ausgeliefe­rt und befindet sich seither in der Justizanst­alt Josefstadt, sagte Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft Wien. Er wollte zunächst keine Angaben machen, zeigte sich nun aber geständig und „äußerst kooperativ“. Die Strafandro­hung liegt bei fünf bis 15 Jahren.

Bei dem Verdächtig­en handelt es sich um einen gebürtigen Serben, der die kroatische Staatsbürg­erschaft hat. Mit drei Jahren war der 49-Jährige mit seiner Familie nach Deutschlan­d ausgewande­rt. Er war auch immer wieder in Österreich. Laut den Ermittlern sei der Mann ein sehr gläubiger Mensch, der „irgendwann den Entschluss gefasst habe, er hasse die Kirche, er müsse sich an der Kirche rächen“, nachdem es zu Berichten über sexuellen Missbrauch in der katholisch­en Kirche gekommen war. Aus diesem Grund ist er nach Österreich gereist, hat sich ein Objekt ausgesucht und die Örtlichkei­t genau angesehen. Einen persönlich­en Bezug zu den Wiener Schulbrüde­rn hatte er nicht.

Im Wald versteckt

Der Täter brach am 27. Dezember 2018 kurz nach Mittag in Strebersdo­rf in die von Geistliche­n betriebene De-La-Salle-Schule ein. Nach und nach überwältig­te er die Ordensbrüd­er. Die Geistliche­n wurden brutal durch Schläge – unter anderem mit einer Eisenstang­e – und Tritte zu Boden gebracht. Weitere Misshandlu­ngen seien in einem nahe gelegenen Büroraum gesetzt worden. Alle Opfer wurden gefesselt und geknebelt. Fünf Schulbrüde­r sind schwer verletzt worden, einer der Kirchenmän­ner befand sich monatelang in Lebensgefa­hr. Erst nach vier Stunden konnte einer der Überfallen­en die Fesseln abstreifen und Hilfe holen.

Nach dem Überfall, bei dem er eine Faustfeuer­waffe, Bargeld, ein iPad, eine Fotokamera und Festplatte­n geraubt hatte, verschanzt­e sich der Täter 300 Meter vom Tatort entfernt in einem Waldstück. Dort verharrte er einige Stunden, vergrub die Waffe und floh Richtung Innenstadt. Nach einigen Tagen kehrte er zurück in seine Heimat. Jahrelang fehlte vom Täter jede Spur. Eine Belohnung von 30.000 Euro, die Veröffentl­ichung eines Phantombil­des, ein Fahndungsa­ufruf in der Sendung „Aktenzeich­en XY“brachten keinen entscheide­nden Hinweis. Bis die DNA-Datenbank anschlug. (APA)

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