Die Presse

Söhne und ihre Mütter

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Als Muttersöhn­chen würde sich Yair Lapid wohl ungern bezeichnen lassen. Immerhin hat der 57-jährige ehemalige TVStarmode­rator – der George Clooney der israelisch­en Politik – etwas zuwege gebracht, woran hartgesott­ene Ex-Generäle wie Benny Gantz gescheiter­t sind: Der Architekt einer Acht-Parteien-Koalition hat es geschafft, „Bibi“Netanjahu in die Wüste zu schicken.

Als in der Knesset am Sonntagabe­nd in der Debatte tumultarti­ge Szenen ausbrachen und aus dem Mund ultraortho­doxer Abgeordnet­er manch unschöne Worte fielen, trat Lapid beschämt ans Rednerpult und entschuldi­ge sich namens der Abgeordnet­en bei seiner Mutter und ihrer Generation. Die 86-Jährige, eine Schriftste­llerin, wird mit Stolz über ihren Sohnemann erfüllt gewesen sein.

Zur gleichen Zeit, in einem anderen Land, empfing die Queen auf Schloss Windsor ihren 13. US-Präsidente­n. Joe Biden war, wie oft bei derlei Anlässen, übermannt vor Rührung. Er fühlte sich an seine irischstäm­mige Mutter, Jean, erinnert, die im Alter von 92 Jahren starb und ihn zeitlebens mit Gebeten und Lebensweis­heiten versorgte. Als sich eine Nonne einst über das Stottern des kleinen Joe lustig machte, stürmte die strenggläu­bige Katholikin in die Schule und drohte der Ordensschw­ester: „Wenn das noch einmal passiert, reiße ich Ihnen die Haube vom Kopf.“(vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

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