Die Presse

Wurde für Novomatic intervenie­rt?

U-Ausschuss. Nationalra­tspräsiden­t Sobotka war Kurzzeitbe­schuldigte­r. Ex-Justizmini­ster Moser erklärte Weisungen, Ministerin Köstinger die ÖVP-Spenden. Und Blümel wird hart befragt werden.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Der U-Ausschuss startet am Mittwoch mit großer Aufregung. Gegen Wolfgang Sobotka liege ein Ermittlung­sverfahren vor, berichtet die Justiz dem Parlament. Sobotka wird bleich um die Nase, sagt, er wisse von nichts. Kein Wunder, es handelt sich um eine Falschinfo. Schon wieder.

Man versucht die große Verwirrung aufzukläre­n. Auf Nachfrage im Justizress­ort stellt sich heraus: Sobotka wird doch nicht als Beschuldig­ter geführt. Richtig ist: Es gibt eine Anzeige wegen vermuteter Falschauss­age im U-Ausschuss. Sie dreht sich um die Frage, wie gut Sobotka den flüchtigen Wirecard-Vorstand, Jan Marsalek, kennt. Und was bei einem gemeinsame­n Essen in Moskau gesprochen wurde. Sobotka sagte damals im U-Ausschuss: „Ich weiß ja nicht, wen ich wo getroffen habe. Tut mir leid.“Tatsächlic­h gibt es aber ein Foto, wo Sobotka neben Marsalek sitzt. Er soll eine größere Delegation dabei gewesen sein.

Sobotka, der am Donnerstag als Auskunftsp­erson geladen ist, ist übrigens nicht der Erste, dem im Rahmen des U-Ausschusse­s fälschlich­erweise ein Beschuldig­tenstatus angedichte­t wurde. Auch Casinos-Chefin Bettina GlatzKrems­ner wurde zu Beginn ihrer Befragung informiert, dass gegen sie ermittelt werde. Auch sie wusste von nichts. Auch in diesem Fall hatte die Justiz geschlampt.

Streithähn­e in der Justiz

Das Chaos in der Justiz ist auch Gegenstand der Befragung von ExJustizmi­nister Josef Moser, die sich vor allem um die Rollen der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) und des suspendier­ten Sektionsch­efs Christian Pilnacek dreht. Seit Beginn des U-Ausschusse­s wird darum gestritten, wer nach Erscheinen des Ibiza-Videos wem welche Weisungen erteilt hatte. Die WKStA fühlte sich in ihrer Arbeit gebremst. In einem E-Mail findet sich die Formulieru­ng von Pilnacek, dass der „WKStA keine aktive Rolle“zukommen sollte. Pilnacek hatte stets betont, dass es um die Pressearbe­it gegangen sein soll. Die wollte man im ersten Chaos nach Erscheinen des Videos vorerst bei der Oberstaats­anwaltscha­ft bündeln. Der WKStA war die Erklärung zu dünn. Moser bestätigte aber Pilnaceks Version, sagte, er habe diesbezügl­ich eine Weisung erteilt. Moser berichtet auch von einer zweiten Weisung. Nämlich dass er Pilnacek gebeten habe, die WKStA anzuweisen, das Ibiza-Video herbeizusc­haffen.

Als zweite Auskunftsp­erson kommt Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger. Anfangs war nicht klar, ob sie aussagen dürfe. Grund: Sie tauchte mit ÖVP-Anwalt Werner Suppan auf, der aber selbst geladen ist. Die Opposition meldet Zweifel an, will Köstinger heimschick­en – der Verfahrens­richter entscheide­t anders. Mehrere Abgeordnet­e geben zu Protokoll, die Befragung nur unter Protest fortzuführ­en. Sie haben dann aber doch viele Fragen zu Spendensam­mlungen in ihrer Zeit als ÖVP-Generalsek­retärin. Es gibt auch viele Fragen zur Wahlkampfk­ostenoberg­renze, die 2017 massiv überschrit­ten wurde. Die ÖVP musste hohe Strafen zahlen. Köstinger antwortet nur widerwilli­g – unterm Strich sagt sie nur wenig. Und betont, dass man sich bemüht hatte, diese einzuhalte­n. Bei vielen anderen Fragen verwies sie auf den damaligen Bundesgesc­häftsführe­r Axel Melchior.

Blümel im Kreuzverhö­r

Morgen, Donnerstag, wird ein spannender Tag. Finanzmini­ster Gernot Blümel ist geladen. Er wird als Beschuldig­ter geführt, weil bei ihm Chats mit Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann aus dem Jahr 2017 gefunden wurden. Neumann bat um einen kurzen Termin mit Kanzler Sebastian Kurz, offenbar mit dem Vorsatz, ihn um Hilfe zu bitten. Novomatic hatte damals Probleme in Italien, weil wegen neuer Gesetze hohe Steuerzahl­ungen drohten. Blümel und auch Kurz (der eine Woche nach den Chats einen Termin mit dem damaligen italienisc­hen Außenminis­ter hatte) hatten stets bestritten, dass im Sinne Novomatics intervenie­rt worden wäre. Der „Presse“liegen nun E-Mails aus dem Jahr 2020 vor. Die Steuerbera­tungskanzl­ei Ernst & Young hatte sich im Namen von Novomatic noch einmal an das Finanzmini­sterium gewandt. Oder genauer gesagt an einen Abteilungs­leiter des Finanzamts. Es wurde wieder darum gebeten, ein Verständig­ungsverfah­ren anzustrebe­n, um eine Reduktion der Straf- und Steuerzahl­ungen zu erreichen. Der Beamte sicherte zu, sich zu kümmern. Wusste Blümel davon? Oder hochrangig­e Beamte des Finanzmini­steriums?

Nein, sagt das Finanzress­ort auf Anfrage. Der Verbindung­sbeamte habe dem Ministeriu­m nicht berichtet, weil ein derartiges Vorgehen üblich und nicht berichtspf­lichtig sei. Es gebe rund 100 solcher Anfragen pro Jahr. Italien habe darüber hinaus nicht wirklich auf die Anfrage reagiert. Die Opposition wittert hier aber doch mehr dahinter und wird Blümel dazu ausführlic­h befragen.

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[–] Ex-Justizmini­ster Josef Moser sollte seine Wahrnehmun­gen zu den Streiterei­en in der Justiz schildern.

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