Die Presse

Exekution bei Blümel? Richter nehmen Hofburg in die Pflicht

U-Ausschuss. Alexander Van der Bellen müsse allein klären, ob der Minister alle nötigen Unterlagen geliefert hat, sagt der VfGH. Und nun?

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Nicht nur das Nationalte­am ist momentan im Weiterspie­len von heiklen Bällen gut. Nachdem sich die Opposition an den Bundespräs­identen und dieser an den Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) gewandt hatte, nimmt dieser wiederum die Hofburg in die Verantwort­ung. Alexander Van der Bellen müsse entscheide­n, ob Exekution gegen Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) zu führen ist, sagten die Richter am Mittwoch sinngemäß. Aber was bedeutet dies und was wird in der Causa nun passieren?

Die Richter machten klar, dass sie mit ihrer Entscheidu­ng im Mai schon alles gesagt hätten. Damals hatten sie den Bundespräs­identen ersucht, das VfGH-Erkenntnis vom März zu exekutiere­n, weil Blümel dem U-Ausschuss nicht die nötigen Dateien aus seinem Ministeriu­m geliefert hatte. Blümel erklärte darauf, nun doch alles zu liefern, worauf Van der Bellen von einer Exekution absah. Und es kamen auch Unterlagen. Die Opposition meint aber, noch immer nicht alle relevanten Dateien bekommen zu haben, was Blümel bestreitet.

Dem Bundespräs­identen komme bei der Lösung des Problems „ein weiter Handlungss­pielraum zu“, erklärte der VfGH am Mittwoch in ihrem an die Hofburg adressiert­en Schreiben. „In diesem

Zusammenha­ng obliegt es dem Bundespräs­identen allerdings auch zu entscheide­n, ob und gegebenenf­alls welche weiteren Schritte zu setzen sind“, betonen die Richter. Für den VfGH sei dabei nur entscheide­nd, dass sein Erkenntnis aus dem März umgesetzt wird – sprich: der Ausschuss alle nötigen Unterlagen erhält.

Es handelt sich um Neuland, weil es so ein Exekutions­urteil gegen einen Minister noch nie gegeben hat. „Der Bundespräs­ident ist dafür nun rechtlich und politisch verantwort­lich“, analysiert Verfassung­sjurist Karl Stöger von der Uni Wien das aktuelle Schreiben des VfGH.

Glaubt Van der Bellen Blümel?

Meint Van der Bellen, dass Blümel alle nötigen Dateien geliefert hat, muss er von weiteren Maßnahmen absehen. Dann könnte höchstens die Opposition von sich aus noch einmal den VfGH anrufen oder das Parlament den Bundespräs­identen wegen Verletzung seiner Pflichten beim VfGH anklagen. Letzteres ist schon aufgrund der Mehrheitsv­erhältniss­e unrealisti­sch. Ersteres hat aber auch das Problem, dass die Zeit drängt. Denn die Beweisaufn­ahme im U-Ausschuss endet am 15. Juli.

Glaubt Van der Bellen Blümel nicht, bleibt nur noch die Exekution. Das Staatsober­haupt müsste also eine Behörde seiner Wahl beauftrage­n, in Blümels Ministeriu­m vorzugehen. Sinnvoller­weise würde dabei nicht das Bundesheer mit Panzern zum Finanzmini­sterium fahren, sondern die Hofburg würde Leute, die sich mit Datensiche­rungen auskennen (zum Beispiel Experten der Staatsanwa­ltschaft), entsenden. Danach wüsste man, ob das Ministeriu­m alles geliefert hatte, was es musste.

Die Opposition will Vorgänge in der Zeit von Blümels Amtsvorgän­ger und Parteifreu­nd Hartwig Löger klären (Stichwort Öbag). Dafür möchten die Fraktionen die E-Mail-Postfächer, aber auch die lokal oder serverseit­ig gespeicher­ten Dateien entscheide­nder Personen aus dem Ministeriu­m sichten.

Hofburg denkt nach

Aus Sicht von SPÖ, FPÖ und Neos wurden aber auffällig wenige E-Mails geliefert. Und die thematisch­e statt chronologi­sche Ordnung der Unterlagen lege nahe, dass das Ministeriu­m unerlaubt eine Vorselekti­on vorgenomme­n hat. Blümel bestreitet dies. Er habe die VfGHVorgab­en „penibelst umgesetzt“, die Ministeriu­msmitarbei­ter hätten Vollständi­gkeitserkl­ärungen abgegeben. Nur private Mails seien – wie vom VfGH vorgesehen – nicht geliefert worden. Was privat sei, hätten die Mitarbeite­r aus rechtliche­n Gründen selbst entschiede­n.

Die Hofburg bestätigte einstweile­n nur, das Schreiben des VfGH erhalten zu haben. Der Ball liegt jetzt aber bei Van der Bellen.

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[ APA ] Einerseits – anderseits: Am Ende muss aber nun Van der Bellen entscheide­n.

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