Exekution bei Blümel? Richter nehmen Hofburg in die Pflicht
U-Ausschuss. Alexander Van der Bellen müsse allein klären, ob der Minister alle nötigen Unterlagen geliefert hat, sagt der VfGH. Und nun?
Wien. Nicht nur das Nationalteam ist momentan im Weiterspielen von heiklen Bällen gut. Nachdem sich die Opposition an den Bundespräsidenten und dieser an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gewandt hatte, nimmt dieser wiederum die Hofburg in die Verantwortung. Alexander Van der Bellen müsse entscheiden, ob Exekution gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu führen ist, sagten die Richter am Mittwoch sinngemäß. Aber was bedeutet dies und was wird in der Causa nun passieren?
Die Richter machten klar, dass sie mit ihrer Entscheidung im Mai schon alles gesagt hätten. Damals hatten sie den Bundespräsidenten ersucht, das VfGH-Erkenntnis vom März zu exekutieren, weil Blümel dem U-Ausschuss nicht die nötigen Dateien aus seinem Ministerium geliefert hatte. Blümel erklärte darauf, nun doch alles zu liefern, worauf Van der Bellen von einer Exekution absah. Und es kamen auch Unterlagen. Die Opposition meint aber, noch immer nicht alle relevanten Dateien bekommen zu haben, was Blümel bestreitet.
Dem Bundespräsidenten komme bei der Lösung des Problems „ein weiter Handlungsspielraum zu“, erklärte der VfGH am Mittwoch in ihrem an die Hofburg adressierten Schreiben. „In diesem
Zusammenhang obliegt es dem Bundespräsidenten allerdings auch zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche weiteren Schritte zu setzen sind“, betonen die Richter. Für den VfGH sei dabei nur entscheidend, dass sein Erkenntnis aus dem März umgesetzt wird – sprich: der Ausschuss alle nötigen Unterlagen erhält.
Es handelt sich um Neuland, weil es so ein Exekutionsurteil gegen einen Minister noch nie gegeben hat. „Der Bundespräsident ist dafür nun rechtlich und politisch verantwortlich“, analysiert Verfassungsjurist Karl Stöger von der Uni Wien das aktuelle Schreiben des VfGH.
Glaubt Van der Bellen Blümel?
Meint Van der Bellen, dass Blümel alle nötigen Dateien geliefert hat, muss er von weiteren Maßnahmen absehen. Dann könnte höchstens die Opposition von sich aus noch einmal den VfGH anrufen oder das Parlament den Bundespräsidenten wegen Verletzung seiner Pflichten beim VfGH anklagen. Letzteres ist schon aufgrund der Mehrheitsverhältnisse unrealistisch. Ersteres hat aber auch das Problem, dass die Zeit drängt. Denn die Beweisaufnahme im U-Ausschuss endet am 15. Juli.
Glaubt Van der Bellen Blümel nicht, bleibt nur noch die Exekution. Das Staatsoberhaupt müsste also eine Behörde seiner Wahl beauftragen, in Blümels Ministerium vorzugehen. Sinnvollerweise würde dabei nicht das Bundesheer mit Panzern zum Finanzministerium fahren, sondern die Hofburg würde Leute, die sich mit Datensicherungen auskennen (zum Beispiel Experten der Staatsanwaltschaft), entsenden. Danach wüsste man, ob das Ministerium alles geliefert hatte, was es musste.
Die Opposition will Vorgänge in der Zeit von Blümels Amtsvorgänger und Parteifreund Hartwig Löger klären (Stichwort Öbag). Dafür möchten die Fraktionen die E-Mail-Postfächer, aber auch die lokal oder serverseitig gespeicherten Dateien entscheidender Personen aus dem Ministerium sichten.
Hofburg denkt nach
Aus Sicht von SPÖ, FPÖ und Neos wurden aber auffällig wenige E-Mails geliefert. Und die thematische statt chronologische Ordnung der Unterlagen lege nahe, dass das Ministerium unerlaubt eine Vorselektion vorgenommen hat. Blümel bestreitet dies. Er habe die VfGHVorgaben „penibelst umgesetzt“, die Ministeriumsmitarbeiter hätten Vollständigkeitserklärungen abgegeben. Nur private Mails seien – wie vom VfGH vorgesehen – nicht geliefert worden. Was privat sei, hätten die Mitarbeiter aus rechtlichen Gründen selbst entschieden.
Die Hofburg bestätigte einstweilen nur, das Schreiben des VfGH erhalten zu haben. Der Ball liegt jetzt aber bei Van der Bellen.