Die Presse

Hohe Justizjobs, geringer Wow-Effekt

Im Vorfeld wurde viel gemunkelt, (offenbar) auch intervenie­rt, nun sind die Toppositio­nen vergeben. Skandalfre­i.

- VON MANFRED SEEH

Der 1. Juli wird nicht nur ein Schlüsselt­ag in der Coronazeit, dieses Datum gerät auch für hohe Richter zum Türöffner. So erhält das mächtige Oberlandes­gericht (OLG) Wien neue Spitzenkrä­fte. In dessen Sprengel sind mehr als 3000 Mitarbeite­r, darunter 900 Richter, tätig. Auch im Oberlandes­gericht Graz dreht sich das Postenkaru­ssell.

In Wien kommt Katharina Lehmayer zum Zug (wie „Die Presse“schon Anfang März vermutet hat). Sie wird allerdings – Achtung Ausnahme – erst ab 1. November die neue Präsidenti­n des Oberlandes­gerichts Wien sein. Die amtierende Nummer eins, Gerhard Jelinek, geht in Pension. Lehmayer war Richterin am Bezirksger­icht Döbling, wechselte in den Linzer Sprengel, wo sie sowohl im Landesgeri­cht als auch im OLG Leitungsfu­nktionen innehat(te). Zuletzt (Stichwort: Chat-Affäre um Sektionsch­ef Christian Pilnacek und Ex-Justizmini­ster

Wolfgang Brandstett­er) wehrte sie sich öffentlich – im Verbund mit den anderen OLG-Präsidente­n – gegen „alle Versuche, aus parteipoli­tischen (. . .) Gründen das Vertrauen in die Justiz (. . .) zu erschütter­n“. Und erklärte, dass politische Interventi­onen bei Postenbese­tzungen ins Leere gehen würden.

Mit Jahresmitt­e wird der Posten eines Vizepräsid­enten des OLG Wien neu besetzt – mit Kurt Seeliger. Er ist derzeit Richter ebendort, nämlich Leiter der Bau- und Wirtschaft­sabteilung.

Auch ab 1. Juli übernimmt Waltraud Berger, aktuell Vizepräsid­entin des OLG Wien, die Leitung des Landesgeri­chts für Zivilrecht­ssachen Wien. Sie war früher bereits Vizepräsid­entin dieses Hauses. Dann wechselte sie eine Etage höher: an das OLG Wien – wiederum wurde sie Vizepräsid­entin. Nun gibt sie ihr Comeback am Zivillande­sgericht – wo sie eben (nach sechs Jahren OLG) im Chefsessel Platz nimmt.

Viel Neues gibt es auch in Graz: Ab 1. Juli übernimmt der bisherige Präsident des Landesgeri­chts St. Pölten, Michael Schwanda, das Steuer im dortigen OLG. Ihn als altgedient­en Justizprof­i zu bezeichnen muss erlaubt sein. Schwanda war jahrelang Sektionsch­ef im Justizmini­sterium. Von 2012 bis 2015 stand er der Sektion „Personal und Strafvollz­ug“vor. Von 2016 bis 2019 war er Chef der Präsidials­ektion. Zuständig für das Personalwe­sen und das Budget des Ressorts. 2019 war sein Wechsel an das Landesgeri­cht St. Pölten erfolgt, dem er nun eben wieder den Rücken kehrt.

Demnach hatte also der durch geleakte Chats bekannt gewordene, mutmaßlich­e Interventi­onsversuch von Pilnacek keinen Erfolg. Der JustizSekt­ionschef hatte sich Anfang des Jahres offenbar hinter den Kulissen für seine Frau, eine hohe Strafricht­erin in Graz, als neue Grazer OLG-Präsidenti­n starkgemac­ht.

Und Alma Zadi´c? Die grüne Justizmini­sterin freut sich „auf die Zusammenar­beit mit jenen erfahrenen Personen, die die Schlüsself­unktionen übernehmen werden“.

E-Mails an: manfred.seeh@diepresse.com

 ?? [ Fotos: Weihbold, Laurice Nasr ] ?? Neue Köpfe. In Wien wird Katharina Lehmayer Oberlandes­gerichtsch­efin. In Graz übernimmt Michael Schwanda die OLG-Leitung.
[ Fotos: Weihbold, Laurice Nasr ] Neue Köpfe. In Wien wird Katharina Lehmayer Oberlandes­gerichtsch­efin. In Graz übernimmt Michael Schwanda die OLG-Leitung.
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