Frischer Fußball-Optimismus
Österreich freut sich auf das Italien-Spiel, AC Milan und AS Roma angeln nach Marcel Sabitzer. Nur ÖFB-Fans haben es schwer.
In London wird darüber gestritten, ob es richtig ist, die Zuschauerzahlen im Wembley-Stadion ab dem EM-Halbfinale trotz der Delta-Variante des Coronavirus auf 60.000 zu erhöhen. Die Uefa verteidigt ihre resolute EM-Politik mit quarantänefreien Einreisen für alle Akkreditierten und ihre starre Haltung in der Regenbogenfarben-Causa. Dafür ist die Diskussion, ob London Spiele verlieren wird, abgehakt – mit Beginn der K.-o.-Phase nimmt diese EM neue Fahrt auf.
Es wird in Wembley gespielt, nach Plan und unter Garantie vor Publikum. Dass jedoch Österreicher darunter sein werden, zumindest am Samstag, wird immer unwahrscheinlicher. Ein EM-Insider glaubt zwar, dass Österreicher und Italiener ab Samstag – wie von Geisterhand – in England wieder ohne Isolationsmaßnahmen einreisen könnten. Jedoch bei ihrer Rückkehr kämen sie weiterhin nicht um eine Quarantäne (Freitesten nach fünf Tagen) umhin. Ob dazu Warnungen des Außenamtes auch abschrecken?
Seitens des ÖFB war zu erfahren, „dass wir uns natürlich so viele Fans wie möglich in London wünschen“, sagt Generalsekretär Thomas Hollerer, „und wir versuchen auch alles, um so vielen wie möglich dieses Live-Erlebnis anbieten zu können. Aber die Entscheidung liegt weder bei uns noch bei der Uefa.“Auslandsösterreicher, die in England leben und das Match sehen wollen, können sich beim ÖFB melden.
„Gewinnen im Elferschießen!“
In Österreich ist alles bis auf die Zuschauerfrage eitel Wonne. Das ÖFB-Team bereitet sich in Seefeld auf das historische Achtelfinalspiel gegen Italien vor. Teamchef Franco Foda achtet auf Entertainment und Bewegungscharakter. Für Stimmung ist gesorgt und
eine neue, erfrischende Zuversicht erwacht. Watford-Torhüter Daniel Bachmann strahlt: „Wir gewinnen im Elfmeterschießen!“
Gleiche Wünsche hegen freilich auch ÖFB-Legenden, die ob ihrer eigenen Italien-Vergangenheit jetzt munter befragt werden. Ob Herbert Prohaska (Inter Mailand, AS Roma; Samstag erstmals in Wembley), Walter Schachner (Cesena, Torino, Pisa, Avellino) oder Toni Polster (Torino): Jeder sympathisiert seit Jahrzehnten mit der „Squadra Azzurra“, Dolce Vita und Calcio. Am Samstag jedoch gewinnt Österreich, keine Frage. Tenor: „Italien ist Favorit. Aber das heißt nicht, dass wir uns fürchten müssen.“
Italien ist seit 30 Spielen ungeschlagen, gewann die letzten elf Partien gar zu null (32:0) und ist seit 1055 Minuten ohne Gegentor. Die Offensive, getragen von Lorenzo Insigne, Ciro Immobile und Domenico Berardi, überzeugt. In der Abwehr vor Keeper Donnarumma thronen Toloi,´ Bonucci, Bastoni und der Ex-Brasilianer Emerson. Je mehr Daten man noch findet: Gelingt ein ÖFB-Auftritt wie gegen die (schwache) Ukraine, ist alles möglich.
Aber, was wäre Calcio ohne Gerüchte? Es passt ins mediale Narrativ, dass just vor diesem Spiel plakative Transfer-News auftauchen. Nach AS Roma (Trainer Jose´ Mourinho) soll AC Milan großes Interesse an der Verpflichtung von Marcel Sabitzer (Leipzig) zeigen. „Gazzetta“und „Tuttosport“emotionalisieren mit diesem Schlagzeilen-Doppelpass.
Das Achtelfinale ist eben etwas Anderes, die K.-o.-Phase eines Turniers etwas Besonderes. Nach dem Abpfiff weiß man immer mehr. Zumindest ist davor vom ewig leidigen rot-weiß-roten Understatement nichts zu hören.