Wenn sich Daten mit Werten zu Wissen kombinieren
KI in der Medizin gilt als Zukunftshoffnung. Algorithmen werden wesentliche Teile der Aufgaben von Experten und der Produktion neuen Wissens übernehmen. Das verändert berufliche Rollenbilder.
Wir bearbeiten Daten seit den 1050er-Jahren mit der Hilfe von Computern, damals noch mechanische Rechenmaschinen. Das Entscheidende ist aber, dass diese Daten mit Werten in Verbindung gebracht werden. Dazu brauchen wir ein Hilfsmittel. Und das sind die Algorithmen“, sagt Joachim M. Buhmann. Laut dem Informatikprofessor der ETH Zürich stellen Daten „Facetten der Wirklichkeit“in den verschiedensten Formen dar – in der Medizin etwa als Genomdaten (Informationen aus einem EKG), histologische Daten, Informationen aus der bildgebenden Diagnostik oder, für Angaben über den klinischen Status, als herkömmliche Patientenakte. Komplettiert wird das Arsenal heute mit Daten aus der „Selbstvermessung“des Einzelnen, Stichwort Fitnessuhr. Ein Datenmangel ist demnach nicht zu beklagen, die Herausforderung liegt vielmehr in deren Speicherung, Verarbeitung und Interpretation. Ist bei Computern bzw. Software von Künstlicher Intelligenz die Rede, sind Algorithmen und Programme gemeint, die als Abbildungen zwischen Daten und Entscheidungen in der Lage sind, enorme Mengen an Informationen zu verarbeiten, Hypothesen im großen Maßstab zu testen und eigenständig Lösungen zu finden. Aus Daten wird somit nutzbringendes Wissen. Dies geht einher mit einer extremen Reduktion der Datenmenge, um das Wesentliche erkennbar zu machen. Algorithmen, Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sind in diesem Prozess die entscheidenden Werkzeuge. „Ein Algorithmus ist jede wohldefinierte Rechenvorschrift, die Daten als Eingabe annimmt und Werte als Ausgabe zurückgibt. Algorithmen erforschen mittlerweile von selbst unsere komplexe Realität. An der Künstlichen Intelligenz ist das Besondere, dass sie uns davor bewahrt, die Komplexität verstehen zu müssen“, erläutert Buhmann.
Was mit künstlichen neuronalen Netzen, die die Lernfähigkeit biologischer Nervennetzwerke nachbilden, begonnen hat, verfügt mit Programmen wie DeepFace über eine um Dimensionen gesteigerte Leistungsfähigkeit. Außergewöhnlich werden diese KI-Leistungen, wenn beim effizienten Lösen von Aufgaben Wege beschritten werden, die sich dem menschlichen Denken nicht mehr erschließen. In Systemen ohne einfache Regeln lassen sich solche Leistungen nur durch „Unsupervised Learning“erzielen.
Interessant ist die Frage, wie neue digitale Technologien mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Medizin verändern werden. Geht es nach Buhmann, werden vor allem Ärzte dies deutlich zu spüren bekommen: „Der Arzt als Medizinexperte wird Konkurrenz bekommen. Der Arzt als Wissensproduzent wird Konkurrenz bekommen. Der Arzt als Gesundheitsberater erscheint mir in den nächsten Jahren hingegen als resistent. In zwei bis drei Generationen werden jedenfalls die Maschinen klüger als wir sein.“