Im Mozartsaal hätte der Schubert-Abend vielleicht gut gewirkt
Konzerthaus: Christian Gerhaher sang Lieder im unpassenden Rahmen
Soloabende im Großen Saal funktionierten früher einmal mit Kalibern wie Jessye Norman oder Pavarotti. Doch einer der gegenwärtig feinsinnigsten Liedersänger wie Christian Gerhaher kommt in diesen Dimensionen nur schwer zur Geltung. Sein Bariton verfügt zwar über eine gewisse Tragkraft. Die intime Kunst des vokalen Feinschliffs verliert sich jedoch in diesen Dimensionen. Die Tiefe ist bereits recht matt geworden, beeindruckend nach wie vor aber das herrliche Legato in der höheren Mittellage und der schlackenlose Registerwechsel. Die Kopfstimme funktioniert punktgenau, ein paar tenorale Fortetöne sollten erlaubt sein.
Gerhahers Stilkundigkeit und Noblesse sind die eine Seite der Medaille. Die andere provoziert Hörermüdung und Eintönigkeit. Die emotionale Bandbreite ist auf gedehnte Grautöne beschränkt. Vieles bleibt im Einförmigen stecken, als wäre Konformität der Weisheit letzter Schluss. Damit wird nur ein recht bescheidener Teil von Schuberts genialen Facetten angesprochen – und das justament auf Wiener Boden.
Große Kunst in kleinen Dosen: Im Einklang mit Gerold Huber, einem Sekundanten vom Scheitel bis zur Sohle, der sich den Luxus leistet, keine eigene Meinung zu haben, ergab das unter dem Motto „Abendröthe“eine Ansammlung teils bekannter, teils selten gehörter Liedern – Naturbilder, Himmelsbilder und Menschenbilder. Kein Pfad in den siebenten Schubert-Himmel, eher eine beschwerliche Reise – auch dank der mitunter qualitativ erbärmlichen Textvorlagen (die noch dazu schlampig im Abendprogramm abgedruckt wurden).