Die Nachrichten vom Ableben der FPÖ waren verfrüht
Politik. Mit Kickl ist die Option des Mitregierens vorbei, glauben viele. Die Wähler entscheiden.
Das politische Ableben haben ihr schon viele gewünscht: politische Mitbewerber, diverse politische Beobachter und mediale Wortspender. Der Freiheitlichen Partei nämlich, jener politischen Bewegung, die den sogenannten „consensus austriacus“, gewissermaßen die Staatsräson der Zweiten Republik, ganz offensichtlich nicht so recht mittragen will. Heute – glaubt man den Klassifizierungen derFPÖKritiker–als närrische Coronaleugn er, zuvor als böse Rechts popu listen und inder Früh phase als Sammelbecken für Ex-Nazis.
Nach dem geradezu kabarettistischen Auftritt von Heinz-Christian Strache und Gudenus auf Ibiza wähnte man das Ende der FPÖ gekommen. Nicht nur als Regierungspartei, sondern insgesamt als Parlamentspartei. Großer Irrtum. Nach der Abspaltung des Haiderschen BZÖ und zuvor schon nach der Implosion von Knittelfeld schien es ebenso, also wären die politischen Mitbewerber und die kritischen Medien die lästige Populistentruppe los. Doch sie erholte sich wieder und vollzog den Haiderschen Aufstieg der 90er Jahre unter Strache erneut. Und zuvor schon, anno 1986, nach dem legendären Parteitag von Innsbruck, nachdem Franz Vranitzky die FPÖ aus der rot-blauen Koalition geschmissen hatte, mutmaßte man das Ende der spätliberalen Blaupause. Ein ebenso großer Irrtum. Und 30 Jahre davor hatten die ÖVP-Granden um Julius Raab noch gemeint, den Verband der Unabhängigen, die Vorgängerpartei der FPÖ, und die junge Freiheitliche Partei selbst „inhalieren“zu können. Ein ebenso folgenschwerer Irrglaube.
Und heute gibt sich die FPÖ mit HerbertKic kleinen neuen Partei obmann, dessen fundamentaloppositioneller Kurs die politischen Auguren schon mutmaßen ließ, dass dies zweifellos zu einer Verengung und damit zum Abstieg der FPÖ führen würde. Und die Option des Mitregierens sei damit zweifellos auf ewig vorbei. Allzu sehr hinterlasse der neue FPÖChef gegenüber allen politischen Mitbewerbern verbrannte Erde. Allzu hart seien seine Attacken, etwa auf den türkisen Bundeskanzler und auf die Vertreter des spätlinken Zeitgeists. Mit dieser FPÖ, so hatte es schon immer geheißen, und erst recht mit nunmehr jener unter Herbert Kickl, könne man keinen Staat machen.
Konsequent patriotisch
Nun, die Zukunft und insbesondere die österreichischen Wählerinnen und Wähler werden zeigen, ob all diese Kassandrarufe nicht ebenso daneben liegen wie die früheren Abgesänge auf das nationalfreiheitliche Lager. Neben dem linken Lager, gegenwärtig aufgeteilt zwischen den Sozialdemokraten und den Grünen, und dem pseudo-konservativen, eher wirtschaftsaffinen Bereich, vertreten durch die türkise ÖVP und die Neos, dürfte die Republik, dürften Bürger des Landes offenbar den Bedarf nach einer nonkonformistischen politischen Bewegung haben, die konsequent patriotisch für die autochthone Bevölkerung eintritt und ebenso konsequent jede Gefährdung der Bürgerfreiheit aufzeigt. Und ob eine solche Bewegung kritisierende und kontrollierende Opposition ist oder gemäß einem entsprechenden Wählerwillen dann auch mitregiert, hängt allein von den Wahlergebnissen ab.
Einiges darf man darauf verwetten, dass bei Vorliegen entsprechender Wahlerfolge ein Herbert Kickl genauso ein gesuchter Koalitionspartner sein kann, wie es seinerzeit Jörg Haider und danach Heinz-Christian Strache waren, wie es davor Friedrich Peter und Norbert Steger waren.
Andreas Mölzer (* 1952) studierte Rechtswissenschaften, Geschichte, Volkskunde in Graz. Er wird dem deutschnationalen Flügel der FPÖ zugerechnet, er selbst bezeichnet sich als „nationalliberalen Kulturdeutschen“. Von 2004 bis 2014 war er FPÖ-Abgeordneter im Europäischen Parlament. Mölzer ist Herausgeber der Wochenzeitung „Zur Zeit“.
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