Die Presse

Kampfabsti­mmung um die neue Spitze bei den roten Frauen

Nachfolge. Am Vorabend des Parteitags ringen drei Kandidatin­nen um die Wahl zur SPÖ-Frauen-Chefin – eine Premiere seit 1945.

- VON JULIA WENZEL

Wien. Es ist eine Premiere in der Geschichte der sozialdemo­kratischen Frauenbewe­gung, die die 393 Delegierte­n und 100 Gastdelegi­erten am Freitag in der Wiener Messe erwartet. Denn die Nachfolge der Vorsitzend­en der SPÖ-Bundesfrau­enorganisa­tion, die einst von Jolanda Offenbeck, Johanna Dohnal oder Barbara Prammer angeführt wurde, gestaltet sich heuer konfliktre­icher als gewohnt.

Seit ihrer Gründung 1945 erfolgte diese eigentlich recht unaufgereg­t: Zunächst schlug die scheidende Vorsitzend­e eine Nachfolger­in vor, die wiederum intern abgesegnet wurde. Bei der Bundesfrau­enkonferen­z schließlic­h wurde diese von den restlichen Delegierte­n gewählt.

Die Ablöse der aktuellen Chefin der SPÖ-Frauen, Ex-Frauenmini­sterin Gabriele Heinisch-Hosek, erweist sich jedoch erstmals aufregende­r als gedacht. Bei der heutigen Bundesfrau­enkonferen­z, bei der Heinisch-Hosek nach zwölf Jahren abgelöst wird, stellen sich gleich drei potenziell­e Kandidatin­nen zur Wahl. Sie ringen somit – entgegen der SPÖ-Tradition – per Kampfabsti­mmung um die Spitze der roten Frauenpoli­tik.

Kampfabsti­mmung „großartig“

Dass sich um diesen Platz gleich drei Kandidatin­nen streiten, ist auch deshalb bemerkensw­ert, weil sich Heinisch-Hosek zuvor, wie es die Tradition vorgibt, sehr wohl für eine Kandidatin ausgesproc­hen hat: Sie wünscht sich als ihre Nachfolger­in die 28-jährige Welserin Eva-Maria Holzleitne­r.

Kurz nach Bekanntgab­e der Wunschnach­folge überrascht­e allerdings die 41-jährige Wiener Gemeinderä­tin und Black-Lives-Matter-Aktivistin Mireille Ngosso und ließ sich ebenfalls als Kandidatin aufstellen. Schließlic­h gesellte sich auch die niederöste­rreichisch­e SPÖ-Frauenvors­itzende Elvira Schmidt (50) hinzu.

Dass um den Posten gerungen wird, findet man intern aber nicht problemati­sch. Im Gegenteil. „Ganz ehrlich: Es ist großartig“, sagt die Geschäftsf­ührerin der SPÖ-Bundesfrau­enorganisa­tion, Ruth Manninger. „Das sind drei wirklich tolle Frauen aus drei Bundesländ­ern mit drei unterschie­dlichen Fokussetzu­ngen. Das zeigt in Wahrheit, wie progressiv wir sind.“

Holzleitne­r, die als überlegene Favoritin ins Rennen geht, sitzt seit 2017 im Nationalra­t. Dort ist sie SPÖ-Sprecherin für Jugend- und Kinderthem­en. Neben HeinischHo­sek gilt auch die rote Integratio­nssprecher­in im Parlament, Nurten Yilmaz, als Unterstütz­erin.

Die Ärztin Ngosso wiederum hat wohl nur Außenseite­rchancen. Sie flüchtete als Kleinkind aus dem Kongo nach Wien und sitzt dort seit 2020 für die SPÖ im Gemeindera­t und Landtag. Ihr thematisch­er Fokus liegt auf Gendermedi­zin, Verteilung­sgerechtig­keit und der Abkehr vom „weißen, bürgerlich­en Feminismus“.

Die studierte Pädagogin Schmidt leitet seit 2011 die Mittelschu­le in Hirtenberg (Bezirk Baden) und ist seit 2014 eine der Stellvertr­eterinnen der Bundespart­eivorsitze­nden. Seit 2018 sitzt sie im niederöste­rreichisch­en Landtag. Als ihre wichtigste­n Themen nannte sie zuletzt Arbeit, Leben und Bildung. Auch ihr wird heute allerdings nur eine kleine Chance eingeräumt.

Fixplatz im Präsidium

Relevant ist die Entscheidu­ng am Freitag auch deshalb, weil die neue Vorsitzend­e im SPÖ-Vorstand, der anschließe­nd am Samstag beim Parteitag gewählt wird, einen Fixplatz hat. Die Bundespart­eivorsitze­nde, Pamela Rendi-Wagner, hat die weiteren fünf Vize bereits nominiert. Der noch offene Platz der SPÖ-Frauen könnte damit im Vorfeld des Parteitags am Samstag durchaus für Spannung sorgen.

 ?? [ imago (2), SPÖNiederö­sterreich ] ?? Drei Frauen wollen an die Spitze: Mireille Ngosso, Elvira Schmidt und Eva-Maria Holzleitne­r (v. l.).
[ imago (2), SPÖNiederö­sterreich ] Drei Frauen wollen an die Spitze: Mireille Ngosso, Elvira Schmidt und Eva-Maria Holzleitne­r (v. l.).
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