Soprantöne aus höchster Höhe
Sängerin im Gespräch. Hila Fahima singt in Verdis „Rigoletto“auf der Bregenzer Seebühne die Gilda. Mit der „Presse“sprach sie über Extremerfahrungen auf der Bühne.
Hila Fahima singt in Verdis „Rigoletto“auf der Bregenzer Seebühne die Gilda. Mit der „Presse“sprach sie über Extremerfahrungen auf der Bühne.
Wiener Musikfreunde haben die Karriere Hila Fahimas live miterlebt. Als Mitglied des StaatsopernEnsembles wurde sie seit 2013 von der Papagena zur Königin der Nacht. 2016 gelang ihr die Kür im Koloraturfach als Zerbinetta in Strauss’ „Ariadne auf Naxos“. Jüngst erschien die erste Arien-CD mit Primadonnenszenen von Donizetti und Verdi. Im Zentrum zwei Partien, die im Leben der Künstlerin in den ersten Jahren nach ihrem festen Engagement in Wien eine entscheidende Rolle spielen: die „Lucia di Lammermoor“und die Gilda in „Rigoletto“.
„Mit der Gilda“, erzählt Hila Fahima, „bin ich aufgewachsen. Sie passt zu mir als Person und stimmlich. Die Inszenierung auf der Bregenzer Seebühne ist mittlerweile meine fünfte ,Rigoletto‘-Produktion.“Wobei die Sängerin schon von dieser Rolle träumte, als noch keine Rede davon sein konnte, dass sie jemals auf einer internationalen Bühne stehen würde. „Aber jetzt in Bregenz ist sie zur besonderen Herausforderung geworden. Ich habe noch nie eine solche Produktion erlebt“, sagt sie mit Bezug auf die kühnen szenischen Arrangements im gigantischen Bühnenbild: „Beide Arien singe ich in extremen Positionen in höchster Höhe und es geht nicht nur ums Singen, wir haben viele Dinge zu tun . . .“
Die erste „Lucia“im Herbst
Eher Stimmakrobatik ist dann beim Debüt in Donizettis „Lucia“gefordert. Die Vorbereitungen für die Premiere in Essen im kommenden Herbst laufen bereits. Hila Fahima ist klar, dass das einen weiteren großen Schritt in ihrer Karriere bedeutet: „Lucia ist eine der größten Partien, von denen ich träumen kann. Das ist keine Rolle, die man einfach gut studiert und mit der man dann auf die Bühne geht. Man braucht viel Erfahrung im Leben, um so eine Rolle zu interpretieren, nicht nur wegen des sehr, sehr intensiven Finales, der Wahnsinnsszene, in der es dann wirklich nicht nur um schöne Töne geht. Man muss alles geben, was man hat.“
Dazu braucht es angesichts von Donizettis musikalischen Ansprüchen nicht nur Lebenserfahrung, sondern auch eminente Bühnenpraxis. Und wohl auch das langsame Hineinwachsen in die Anforderungen dieser Partie: „Ich habe vor zwei Jahren damit begonnen“, erzählt Hila Fahima, „da war ich Cover für die Premiere an der Wiener Staatsoper und konnte alle Proben mitmachen.“
In Essen ist sie nun Premierenbesetzung und die Vorarbeiten gehen gut voran: „Auch während meiner Zeit in Bregenz, an Tagen, an denen es beispielsweise nur eine Kostümprobe gibt, kann ich eine oder zwei Stunden an der Lucia arbeiten. So lang ist es ja nicht mehr bis zur Premiere, nur noch vier Monate! Und es dauert, bis so ein Charakter sitzt.“Die Noten sitzen längst, das kann man auf der exzellenten neuen CD hören, die vom RSO Wien unter Michele Gamba begleitet wird.
In Essen folgt der Premiere eine besondere Bewährungsprobe. Die Serie wird sich bis in den Februar 2022 erstrecken. Und nicht gerade anspruchslos geht es dann weiter: „Meine nächste Partie ist wieder die Zerbinetta, eine ganz andere Farbe, aber ich mag es, unterschiedliche Herausforderungen miteinander zu kombinieren und nicht nur dramatische Partien zu singen. Man muss auch Spaß auf der Bühne haben!“
„Zerbinetta weiß, wie charmant sie ist“
So weit ist sie jedenfalls schon, dass sie eine der komplexesten Koloraturpartien, die je geschrieben worden sind, souverän genug beherrscht, um dabei auch noch „Spaß zu haben“bei der Darstellung: „Zerbinetta“, sagt Hila Fahima, „weiß ja ganz genau, wie charmant sie ist, und sie nutzt das auf eine bezaubernde Art aus.“Und zwar, wie das bei einer wirklich guten Oper so ist, nicht nur mit musikalischen Mitteln, sondern auch dank eines genialen Textbuchs. Es sind Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, die der Darstellerin hier die Mittel an die Hand geben – oder besser, wie Mozart es formulierte: „in die geläufige Gurgel“legen.
„Meine erste Zerbinetta vergesse ich nie“, erinnert sich Hila Fahima. „Ich bin damals eingesprungen und war sehr nervös. Nicht einmal so sehr wegen der Musik, sondern wegen meines Deutsch. An der Staatsoper wurden wir natürlich optimal gecoacht, was Hofmannsthals Text angeht. Man arbeitet dort auch mit den Covers gründlich.“
Hilfe kommt diesbezüglich auch vom Ehemann, den die Sängerin während ihres Wiener Engagements gefunden hat: „Er hat mir vor allem vor meiner ersten Königin der Nacht geholfen, bei einer Rolle, die übrigens demnächst auch wieder kommt. Ich darf noch nicht sagen wo, aber ich freue mich darauf. Ich freue mich immer, wenn ich wieder Mozart singen darf.“
Auch auf Deutsch. „Ich liebe ja auch die ,Entführung aus dem Serail‘“, sagt sie und erwähnt damit eine Oper, in der es zwei mögliche Partien für sie gäbe: „Das Blondchen habe ich ja gesungen, ein Charakter, nicht unähnlich der Zerbinetta. Aber mit der Konstanze möchte ich schon noch ein wenig warten. Das ist dann noch einmal ein aufregender Schritt weiter!“