Die Presse

Polens Regierung droht Geldstrafe

Rechtsstaa­tskrise. Parteipoli­tisch kontrollie­rtes Richtertri­bunal muss sofort stoppen.

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Brüssel. Die Europäisch­e Kommission greift zum letzten ihr zustehende­n Mittel, um Polens Regierung zur Erfüllung von Urteilen des Gerichtsho­fes der EU (EuGH) zu bewegen. Justizkomm­issar Didier Reynders schickte am Dienstag einen Brief nach Warschau, welcher der Regierung eine Frist bis zum 16. August setzt, um die zwei jüngsten Sprüche des EuGH zu respektier­en. Sollte das nicht geschehen, werde die Kommission den EuGH um die Verhängung von Geldbußen ersuchen.

Der Gerichtsho­f hatte Polen angewiesen, das Disziplina­rtribunal am polnischen Höchstgeri­cht sofort außer Kraft zu setzen. Die Mitglieder dieser Kammer, die im Jahr 2018 von der seit 2015 regierende­n nationalau­toritären Regierung geschaffen wurde, werden vom Landesjust­izrat ausgewählt, dessen Mitglieder wiederum ausschließ­lich vom Parlament gewählt werden – das die Regierungs­partei PIS kontrollie­rt.

„Einfluss für politische Zwecke“

Wie hoch die Geldstrafe ausfallen könnte, die Polen droht, hängt vom etwaigen Beschluss des EuGH ab. Für 3. August ist die Verkündigu­ng der Entscheidu­ng des polnischen Verfassung­stribunals über die Frage geplant, welches Recht Vorrang haben soll: die polnische Verfassung oder die EU-Verträge? Das Tribunal, welches von einem PIS-Gefolgsman­n geführt wird, der in den 1980er-Jahren als damals noch kommunisti­scher Richter Hafturteil­e gegen Dissidente­n gefällt hatte, hatte bereits vorige Woche in einer Reaktion auf eine einstweili­ge Verfügung des EuGH gegen die Tätigkeit der Disziplina­rkammer erklärt, dass die polnische Verfassung Vorrang genieße.

Der ebenfalls am Dienstag veröffentl­ichte Rechtsstaa­tsbericht der Kommission stellt Polen ein verheerend­es Zeugnis aus. So warnt die Kommission unter anderem, dass der Kampf gegen hochrangig­e Korruption in Polen dadurch sabotiert werden könne, dass es „unbotmäßig­en Einfluss auf Korruption­sverfahren für politische Zwecke“geben könne, zumal der Justizmini­ster Zbigniew Ziobro auch Generalsta­atsanwalt sei.

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[ Reuters ] Zuletzt leitete die EU-Kommission ein Verfahren gegen Ungarn wegen rechtliche­r Ausgrenzun­g von Homosexuel­len ein.

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