die Versprechen auf olympische sternstunden
Sie zeigen außergewöhnliche Leistungen und könnten in Tokio Historisches schaffen: Sieben Namen, die für Besonderes stehen.
Simone Biles (Turnen)
Die US-Amerikanerin turnt in Tokio vorrangig gegen sich selbst: Seit 2013 ist sie im Mehrkampf ungeschlagen. In Rio 2016 gewann das 1,42 m große Kraftpaket vier von fünf möglichen Goldmedaillen, einzig am Schwebebalken wurde es „nur“Bronze. Gelingt heuer der historische Fünffachcoup? Eineinhalb Jahre pausierte Biles nach den vergangenen Sommerspielen. Im Jänner 2018 machte sie den Missbrauch durch den früheren US-Teamarzt öffentlich.
Mit ihrem neuen Trainerduo, den Franzosen Laurent und Cecil Landi, trainiert die 24-Jährige im familieneigenen Gym in Texas, widmete sich den bei ihren Höchstschwierigkeiten gern übersehenen Basics. Das Resultat ist „Simone 2.0“, wie sie sagt. Vier Turnelemente sind bereits nach Biles benannt. Im Sprung könnte sie als erste Frau bei Olympia den Jurtschenko mit doppeltem Rückwärtssalto gebückt zeigen. Ihr Abgang vom Barren wurde vom Weltverband nicht mit der höchsten Schwierigkeit eingestuft, um andere Turnerinnen davon abzuhalten, dieses Verletzungsrisiko auf sich zu nehmen.
Novak Djokovic´ (Tennis)
Die Absagenflut (unter anderem Dominic Thiem, Roger Federer, Rafael Nadal) im olympischen Tennisturnier spielt dem historischen Ansinnen des Weltranglistenersten in die Karten. Dass der Serbe die Konkurrenz nicht zu fürchten braucht, hat er heuer beim Australian Open, beim French Open und in Wimbledon ohnehin bewiesen. In Tokio möchte Djokovic´ nun den Weg zum „Golden Slam“ebnen: Der 34-Jährige könnte als erster Mann alle vier Grand Slams und die Olympischen Spiele in einem Jahr gewinnen. Das ist zuvor nur Steffi Graf 1988 gelungen.
Allyson Felix (Leichtathletik)
Für die US-Sprinterin ist es die bereits fünfte Olympiateilnahme – die erste nach der komplizierten Frühgeburt ihrer inzwischen zweijährigen Tochter Camryn. Danach riskierte sie ihre Karriere, als sie öffentlich die vertraglichen Missstände für Sportlerinnen durch Ausrüster wie Nike anprangerte. Felix avancierte zu einer Vorkämpferin. Inzwischen läuft sie in ihrer eigenen Schuhmarke.
Neun Medaillen (sechs davon in Gold) hat die 35-Jährige bereits zu Hause. Mit einer weiteren würde sie zur meistdekorierten Läuferin der Geschichte aufsteigen. Die Einzelmedaille über 400 m, die sie 2016 nur hauchdünn verpasste,
weil Konkurrentin Shaunae MillerUibo (BAH) einen Hechtsprung über die Ziellinie hinlegte, möchte sie nun in Tokio feiern.
Yu¯to Horigome (Skateboard)
Der Japaner könnte als allererster Olympiasieger im Skateboarden in die Geschichte eingehen – und sei
ne Landsleute weiter bekehren. Denn der Trendsport hat nach wie vor einen schwierigen Stand im Land und ist im Stadtbild nicht gern gesehen. Nur zögerlich öffneten die Skateparks, in denen Horigome im Alter von sechs Jahren erstmals auf dem Brett stand.
2018 krönte er sich zum ersten Weltmeister aus Japan. Nach dem Schulabschluss übersiedelte Horigome nach Los Angeles, wo er sich ein Haus mit eigenem Skateboard kaufte. Der 22-Jährige gilt als einer der innovativsten Skater und überrascht regelmäßig mit neuen Tricks. Das Duell um Gold mit dem US-Weltranglistenersten Nyjah Huston wird ein enges. Dass Horigome ihn besiegen kann, hat er bei der WM im Juni gezeigt.
Katie Ledecky (Schwimmen)
Fünfmal Olympia-Gold, 15 WMTitel und drei Weltrekorde (400, 800 und 1500 m Freistil) nennt die 24-Jährige bereits ihr Eigen und könnte mit Staffeln in Tokio als erste US-Amerikanerin (wie Turnerin Biles) fünf Olympiasiege schaffen – Ex-Kollege Michael Phelps gelang dieses Kunststück 2016. Kaum jemand absolviert jedenfalls ein intensiveres Programm als die Stanford-Absolventin: Auf rund sechs Kilometer wird Ledecky mit allen Vorläufen im Aquatics Center kommen. Die 1500 m (Premiere für die Frauen) und die 200 m finden am Mittwoch sogar im selben Zeitblock statt.
Tadej Pogacˇar (Rad, Straße)
Der zweite Gesamtsieg bei der diesjährigen Tour de France war schon eine echte Machtdemonstration des Slowenen. Doch genügen fünf Tage Regeneration, um am Samstag im Vollbesitz seiner Kräfte an den Start zu gehen? Die Strecke mit 234 Kilometern und fast 5000 Höhenmetern inklusive Blick auf den Fuji gleicht jedenfalls dem Ardennen-Klassiker LüttichBastogne-Lüttich – und den hat Pogacˇar in diesem Jahr gewonnen. Bradley Wiggins triumphierte 2012 bei Tour und Olympia auf der Bahn. Auf der Straße ist dieses Kunststück noch keinem gelungen. Angesichts seiner 22 Jahre dürfte dies nicht Pogacˇars einzige Chance auf das Double sein.
Jonny Brownlee (Triathlon)
„Seltsam und anders“sind diese Olympischen Spiele für den britischen Triathleten. Denn in London 2012 und Rio 2016 ging der 31-Jährige nicht nur gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Alistair an den Start, sondern stand bei dessen beiden Siegen auch neben ihm auf dem Podest: als Dritter bzw. Zweiter. Die Qualifikation für Tokio hat der Titelver
teidiger wegen Knöchelproblemen verpasst, also möchte Jonny Brownlee die Familienehre hochhalten. Einzelgold für zwei Geschwister in derselben Disziplin hat es bislang nur für die deutschen Diskuswerfer Robert und Christoph Harting sowie Venus und Serena Williams im Tennis gegeben.