Die Presse

Iraker aus Inzell: Der Weg in Olympias ,,Flüchtling­steam''

Aker Al Obaidi, 21, flüchtete 2015 aus Mossul. Er lebt und ringt in Tirol; und erlebt einen Traum in Tokio.

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Tokio. Aker Al Obaidi ist dankbar und stolz. Dankbar dafür, dass er den Bürgerkrie­gswirren im Irak als Jugendlich­er entkommen ist und in Österreich eine neue Heimat gefunden hat. Mit Stolz erfüllt den Ringer, 21, dass er mehr als sechs Jahre nach seiner Flucht aus Mossul als Teil des internatio­nalen Flüchtling­steams an den Sommerspie­len in Tokio teilnehmen kann. Gerne würde er das zukünftig für Österreich tun: Er hofft auf die Staatsbürg­erschaft.

In Japan ist Al Obaidi Teil des 29-köpfigen Refugee-Teams. „Ich trete als Flüchtling an und bin auch stolz auf diese Möglichkei­t,g aber ich fühle mich als Österreich­er. Ich bin hier groß geworden. Ich bin hier zufrieden, ich habe Freiheit, Österreich ist meine Heimat“, erläuterte der seit 2018 im Tiroler Inzing lebende Al Obaidi. „Ich kämpfe für das Refugee-Team und für Österreich.“

Flucht vor IS-Terrormili­z

Der RSC Inzing um Vereinsche­f Klaus Draxl und Trainer Benedikt Ernst hat den Teenager vor dreieinhal­b Jahren ins Inntal gelotst. Dort sorgten sie für ein ideales Umfeld. „Klaus Draxl ist wie ein Vater für mich. Hier ist meine zweite Familie. Er schaut auf mich, alle schauen auf mich“, verweist Al Obaidi auf die anhaltende Unterstütz­ung.

In der heimischen Ringerhoch­burg wohnt er in unmittelba­rer Nähe der Trainingsh­alle nur 200 Meter von Ernst entfernt, der wie Draxl eine wichtige Bezugspers­on ggeworden ist. Bis Al Obaidi in Ös terreich Zuflucht und auch eine neue sportliche Heimat fand, musste er einiges durchmache­n. „Ich habe viel gesehen auf der Flucht. Es war richtig schwierig.“Mit Ernst spricht er nur selten über die Erfahrunge­n mit der IS-Terrormili­z. „Er hat Sachen erlebt, die nicht schön waren. Die haben ihn auch geprägt“, so der Coach. Auch über die ersten Tage in Traiskirch­en spricht Al Obaidi, der hierzuland­e seit 2016 subsidiäre­n Schutzstat­us genießt, nur höchst ungern.

Schule, Lehre – und Ringen

Das Ringen hatte er als Kind unter Aufsicht des Vaters erlernt. In Österreich fand er nach Neuanfänge­n in der Steiermark, wo er einen Schulabsch­luss und eine Malerlehre absolviert­e, zurück auf die Matte. In Inzing reifte er zur Olympiahof­fnung. Nachweis für sein großes Talent sind unter anderem eine Junioren-EM-Bronzemeda­ille 2019 sowie unlängst ein zweiter Platz im Weltcup.

In Japan geht der 21-Jährige am 3. August als Jüngster voller Selbstvert­rauen in den Bewerb der griechisch-römischen Klasse bis 67 kg. „Ich bin motiviert und habe keinen Druck. Die anderen haben mehr Erfahrung als ich, aber ich sage mir immer: ’Du bist stark, du kannst alles, du hast Talent’.“Allzu große Nervosität verspüre er nicht. „Ich bin gern auf der Matte. Ich will kämpfen, ich will gewinnen.“

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[ imago] Aker Al Obaidi schnuppert in Tokio erstmals Olympialuf­t.

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