Die Presse

Torschuss unter den fünf Ringen

Fußball. Was bei WM oder EM gründlich danebengeg­angen ist, soll Stefan Kuntz mit dem deutschen Team bei Olympia gelingen: der Turniersie­g. Personal- und Coronasorg­en plagen jedoch dieses Event.

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Tokio. Deutschlan­ds Fußballer durften bei ihrem Besuch im olympische­n Dorf am Dienstag erstmals so richtig Olympialuf­t schnuppern. „Es war fasziniere­nd“, sagte Union-Spieler Max Kruse nach dem Mannschaft­straining. Besonders spannend war es laut Trainer Stefan Kuntz, andere Sportler zu treffen. „Dann kommt ein Athlet, der ist 1,50 Meter klein. Dann kommt einer, der ist 2,10 Meter groß.“Dann schaue jeder auf die Namen der Akkreditie­rung – und dann wisse auch wirklich jeder: „Mann, du bist bei Olympia.“

Hatte Kuntz vor Wochen noch gehörige Probleme, eine vollständi­ge Mannschaft („Ich hatte alle Telefonnum­mern durchgeruf­en und zu viele Absagen kassiert“) aufzustell­en, herrscht beim 58-Jährigen jetzt Zuversicht, bei diesen Spielen auch reüssieren zu können. Aber: Er muss mit 15 Feldspiele­rn und drei Torhütern sein Auslangen finden. Erlaubt wäre laut IOC-Regeln ein Kader mit 22 Protagonis­ten.

Nur drei Spieler dürfen dabei sein, die älter als 25 Jahre sind. Dementspre­chend sind nicht die A-Teams mit ihren Superstars in Tokio vertreten. Neben Kruse komplettie­ren Maximilian Arnold (Wolfsburg) und Nadiem Amiri (Leverkusen) das Veteranent­rio. Deutschlan­d trifft auf Brasilien (Donnerstag, 13.30 Uhr, ARD), Elfenbeink­üste und Saudiarabi­en. 16 Teams in vier Gruppen sind am Start. Sowohl der Gruppeners­te als auch der Gruppenzwe­ite qualifizie­ren sich für das Viertelfin­ale.

Abbruch nach Rassismus

Aktuell wohnt die DFB-Auswahl noch in Yokohama. Nach der überstande­nen Gruppenpha­se könnte im Viertelfin­ale oder im Halbfinale dann die Rückkehr bzw. der Umzug ins olympische Dorf anstehen. „Ich glaube persönlich nicht, dass irgendjema­nd noch eine Motivation­sspritze nötig hat, aber trotzdem war es noch einmal dieses gewisse Etwas“, sagte Kruse über den Kurzausflu­g.

Kuntz gilt als Vaterfigur des DFB-Nachwuchse­s, als Menschenfä­nger, der zu jedem seiner Schützling­e einen Draht findet. Nach zwei EM-Titeln mit der U21-Nationalma­nnschaft will er olympische­s Gold gewinnen. Allerdings: Die Vorbereitu­ngszeit war nach der Saison und der EM eher bescheiden knapp. Ihm blieb eine Woche Zeit, die Seinen auf diese Aufgabe einzuschwö­ren und vorzuberei­ten.

Sein Geheimreze­pt: den richtigen Ton treffen. Eine Mischung zwischen Spaß und Ernst, zwischen strengem Trainer und Kumpel. Auch stimme der Zusammenha­lt im Team. Nachdem HerthaSpie­ler Jordan Torunarigh­a im Test gegen Honduras mutmaßlich rassistisc­h beleidigt worden war, gingen alle Spieler beim Stand von 1:1 geschlosse­n vom Platz.

Kann Südafrika antreten?

Der erste große „Corona-Stresstest“für die Olympische­n Spiele in Tokio könnte noch vor deren offizielle­r Eröffnung kommen. Am Donnerstag trifft Gastgeber Japan auf Südafrika, dessen Team von Coronafäll­en geplagt ist. Die Südafrikan­er könnten Schwierigk­eiten haben, genügend Spieler aufzustell­en. Der Kader der „Bafana bafana“war bereits vor der Abreise durch Infektione­n sowie Absagen stark dezimiert. Zuletzt wurde dann zudem bekannt, dass zwei Spieler und ein Videoanaly­st bei der Ankunft in Tokio positiv getestet wurden. 21 Teammitgli­eder hatten engen Kontakt gehabt.

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