Erholung am Höhepunkt
Die Kathrein Privatbank warnt vor einer höheren Volatilität auf den Märkten, glaubt aber, dass sich der Bullenmarkt fortsetzen wird.
Wien. „Sell in May and go away.“Wer sich an diese Börsenweisheit gehalten hat, könnte die richtige Entscheidung getroffen haben. Die Aktienmärkte sind seit Juni deutlich volatiler als noch in den vergangenen Quartalen. Vor einigen Tagen machten Sorgen vor einem Ende des Bullenmarkts die Runde – und hinterließen tiefrote Spuren in den Büchern der Anleger.
„Die Rückschläge der letzten Tage haben eine Größenordnung von rund drei Prozent, also kein Grund zur Unruhe“, sagt Harald Holzer, Chief Investment Officer (CIO) der Wiener Kathrein Privatbank. „Auch wenn am Markt die Ängste aufgekommen sind, dass das Maximum an Wirtschaftswachstum erreicht ist.“
Holzer geht davon aus, dass man sich zwar nun auf etwas mehr Volatilität einstellen muss, die Erholung sich aber fortsetzen wird – auch im kommenden Jahr: „Wenn der Aufschwung Anfang 2023 aufhören sollte, dann wäre es ein kurzer Bullenmarkt gewesen. Wir gehen davon aus, dass die Wirtschaftserholung länger anhält.“
Mit Juni endete das fünfte Quartal in Folge mit einer positiven Entwicklung auf den internationalen Aktienmärkten. Am besten erging es heuer den Indizes in Kanada mit einem Zugewinn von 24,7 Prozent, weil dort viele Rohstoffkonzerne notieren und von den steigenden Preisen profitieren konnten. Auch die USA stehen mit einem Plus von 18,5 Prozent gut da. Europa liegt ohne Großbritannien bei 13,5 Prozent.
Auffallend ist, dass Unternehmen aus den Bereichen Energie, Finanzen und Immobilien heuer deutlich besser abgeschnitten haben als der Weltindex – im Gegensatz zum Vorjahr. Kontinuierlich stark wirtschaftet der IT– und Telekommunikationssektor.
Der Kathrein-Vorstand glaubt, dass die Analysten im dritten und vierten Quartal die Unternehmensgewinne für 2022 durchgehen und dabei ihre Erwartungen nach oben revidieren werden. Zwar nicht mehr in dem Ausmaß, wie es in den vergangenen Quartalen der Fall gewesen ist – und das ist es, was auf den Höhepunkt der Erholung hinweist –, aber die Wachstumsraten würden auch 2022 weiterhin zweistellig ausfallen.
Die Inflation macht Holzer keine Sorgen. Ähnlich wie die Notenbanken geht er davon aus, dass es sich um einen temporären Anstieg aufgrund von Nachholeffekten nach der Pandemie und Unterbrechungen der Lieferketten handelt.