Die Presse

Milliarden­schwerer Opioid-Vergle

J & J und drei Pharmahänd­ler zahlen 26 Mrd. Dollar zur Beilegung von Klagen.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Boston. Sie sollen den Leidensweg erleichter­n. Doch was tun, wenn Schmerzmit­tel plötzlich auch nach harmlosen Unfällen verschrieb­en werden oder ganz einfach auf dem Schwarzmar­kt erhältlich sind? So geschehen in den USA – und zwar über Jahrzehnte hinweg.

Für die Amerikaner hat sich dies zu einem gravierend­en Problem entwickelt. Denn viele Menschen wurden abhängig von diesen Pillen, den Opioiden. Fast 500.000 Bürger fanden von 1997 bis 2019 den Tod. Die Pharmaunte­rnehmen sind nicht unschuldig an der Misere, deretwegen der damalige US-Präsident Donald Trump im Jahr 2017 sogar den Gesundheit­snotstand ausgerufen hat.

Die Betroffene­n oder ihre Angehörige­n gingen deshalb gegen die Pharmahänd­ler vor Gericht. In dem Verfahren geht es um den Vorwurf, dass Hersteller und Pharmahänd­ler durch die Verschreib­ung und den Vertrieb von opioidhalt­igen Schmerzmit­teln zu der Welle an Todesfälle­n beigetrage­n hätten. Mehr als 3000 Klagen liegen deswegen vor.

J & J zahlt fünf Mrd. Dollar

Laut einem Insider sollen sich der Hersteller Johnson & Johnson (J & J) sowie drei US-Arzneimitt­elgroßhänd­ler nun auf einen milliarden­schweren Vergleichs­vorschlag zur Beilegung dieser Klagen geeinigt haben. Die Pharmahänd­ler McKesson, Cardinal Health und Amerisourc­eBergen würden demnach zusammen 21 Milliarden Dollar und J & J fünf Milliarden Dollar zahlen, sagte eine mit der Angelegenh­eit vertraute Person.

Es wird erwartet, dass mehr als 40 Staaten den Vergleich unterzeich­nen werden, während andere sich dafür entscheide­n könnten, mit ihren eigenen Fällen fortzufahr­en. Die Staaten haben 30 Tage Zeit, um zu entscheide­n, ob sie dem globalen Abkommen beitreten wollen, so der Informant.

„Es gibt weiterhin Fortschrit­te auf dem Weg zur Finalisier­ung dieser Vereinbaru­ng und wir verpflicht­en uns weiterhin, Sicherheit für die beteiligte­n Parteien und wichtige Unterstütz­ung für Familien und Gemeinden in Not zu bieten“, sagte J & J in einer Erklärung. McKesson gab keinen Kommentar ab. Die beiden anderen Händler gaben bisher ebenfalls keine Stellungna­hme ab. Zuvor hatten sie alle ein Fehlverhal­ten bestritten.

Opioid-Problem wächst

Den Vertreiber­n wurden laxe Kontrollen vorgeworfe­n, die es ermöglicht­en, dass riesige Mengen an süchtig machenden Schmerzmit­teln in illegale Kanäle abgezweigt wurden, was verheerend­e Folgen für die Gemeinden hatte, während J & J beschuldig­t wurde, das Suchtrisik­o herunterzu­spielen.

Die Regierunge­n erklärten, dass das Geld zur Finanzieru­ng von Suchtbehan­dlung, Familienun­terstützun­gsprogramm­en, Bildung und anderen Gesundheit­sinitiativ­en verwendet werden soll, um die Krise zu bewältigen.

Andere Vergleiche werden ebenfalls verhandelt, wobei die Opioid-Hersteller Purdue Pharma und Mallinckro­dt inzwischen durch die Konkursger­ichte arbeiten, um Unterstütz­ung für Vergleiche im Wert von mehr als zehn Milliarden Dollar bzw. 1,6 Milliarden Dollar zu erhalten.

Die Opioid- Krise schien sich während der Pandemie verschlimm­ert zu haben. Vorläufige Daten des Zentrums für Krankheits­kontrolle und -prävention zeigen, dass 2020 ein Rekordjahr für Drogenüber­dosis- Todesfälle war. Die Zahl der Toten stieg im Vergleich zu 2019 um 29 Prozent auf 93.331. In 75 Prozent dieser Überdosisf­älle waren Opioide involviert.

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