Kurzflug-Verbot hilft in Klimakrise wenig
Die Instrumentalisierung der Katastrophenflut schadet dem Klimaschutz.
Verkehr. Kann die Bahn die innereuropäischen Kurzflüge überflüssig machen, wie es manche Regierungen auf dem Kontinent glauben? Eine Studie der Eurocontrol, der europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt, kommt zu einem zwiespältigen Urteil. Zwar hätten Hochgeschwindigkeitszüge das Potenzial, auf Strecken bis zu 500 Kilometern eine ernsthafte Alternative zu werden. Doch das koste Hunderte Milliarden Euro, brauche zwanzig Jahre Zeit, um die Netze auszubauen – und das Klima profitiere davon kaum.
Derzeit geht ein knappes Viertel aller europäischen Flüge nur bis zu 500 Kilometer weit. Theoretisch ist das Potenzial für die Bahn also groß. Doch aufgrund der geringen Distanzen sind diese Flüge nur für 3,8 Prozent der Emissionen der Branche verantwortlich. Die Eurocontrol rät, mehr Fokus auf saubere Treibstoffe zu legen.
Fast gleichzeitig mit der Präsentation der EUKlima-Initiative „Fit for 55“hat eine fürchterliche Flutkatastrophe in Deutschland die Klimadiskussion zugespitzt: Dort herrscht Wahlkampf – und da ist die unappetitliche politische Instrumentalisierung der Jahrhundertflut praktisch aufgelegt. Die Katastrophe sei direkt durch die Erderwärmung ausgelöst worden, heißt es.
Klingt dramatisch, hält aber einem Faktencheck nicht stand: Kein seriöser Wissenschaftler wird sich dazu versteigen, einzelne Wetterereignisse direkt mit dem Klima zu verknüpfen. Schon gar nicht in Sachen Hochwasser. Eine auf der Website der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik zitierte Studie über die Hochwässer auf Oder und Elbe kommt für die Zeit seit 1900 zu diesem Schluss: „Die erhöhte Datengenauigkeit erlaubt, statistisch signifikante Abwärtstrends im Winterhochwasserrisiko zu bestimmen. Die Sommerhochwasser zeigen keine Trends“. Insgesamt haben die Hochwasser seit 1900 also eher abgenommen. Die schlimmsten traten übrigens im 17. und an der Schwelle zum 19. Jahrhundert auf. In Kälteperioden.
Macht aber nichts: Die Politik hat die Apokalypse entdeckt und pflegt sie mit Leidenschaft. Und das ist gefährlich, weil es dem Klimaschutz einen Bärendienst erweist. Die starke Anreicherung der Atmosphäre mit CO2 ist ja tatsächlich ein Riesenproblem, dessen Bewältigung global den gezielten Einsatz aller verfügbaren Ressourcen benötigte. Aber an der richtigen Stelle. Eine Klima-Initiative, die weder über eine gesicherte Finanzierungsbasis verfügt (weshalb Budgetkommissar Hahn auch dagegen gestimmt hat) noch über eine halbwegs gesicherte technische Umsetzbarkeit und sich nur auf die EU (acht Prozent Anteil an den THGEmissionen) beschränkt, wird da wenig ausrichten.
Wenn die Politiker die Energie, mit der sie jetzt panisch unrealistischen Zielen nachjagen, in eine diplomatische Initiative stecken würden, mit der sie etwa die USA und eventuell China ins Boot holten – ja, dann ergäbe das Sinn und würde die CO2-Belastung wirklich eindämmen. So ist es nichts als standortschädlicher Aktionismus.