Was von der Affäre blieb
Mit einer heimischen Produktion hatte sich der Maskenhersteller das Vertrauen des Landes erschummelt. Nicht nur bei der Herkunft der Masken gab es falsche Versprechen.
Nicht nur bei der Herkunft der Masken gab es vonseiten der Hygiene Austria falsche Versprechen.
„Wir müssen uns darauf verlassen können, dass drin ist, was draufsteht“, hatte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck im Frühjahr 2020 zur heimischen FFP2-Masken-Produktion gesagt. Zu Beginn der Pandemie war die Abhängigkeit vom Lieferungen aus dem Ausland offensichtlich geworden. Und die Verunsicherung war groß. So warnte im Jänner der damalige Geschäftsführer der Hygiene Austria, Tino Wieser, „nachdrücklich vor Billigimporten“. Mit dem Versprechen „Qualitätsmasken aus österreichischer Produktion“war der heimische Schutzmaskenhersteller zu einer Art Heimatheld der hiesigen Industrie avanciert, bei dem sich so manche Politikergrößen die Türklinke in die Hand drückten.
Das Vertrauen wurde missbraucht. Am 3. März entdeckten hundert Beamte und 60 Polizisten bei einer Razzia an den Standorten der Hygiene Austria in Wien und Wiener Neudorf kistenweise chinesische Masken, die umverpackt wurden. Mandarin weg, „Made in Austria“drauf.
Weitere Klagen
Doch damit darf die Firma nun nicht mehr werben, urteilte das Handelsgericht Wien nach einer Klage des VKI. Der Vereins für Konsumenteninformation ging im März im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Bewerbung von FFP2-Masken der Hygiene Austria als „Made in Austria“vor. Mit dem Wort „Austria“im Firmennamen ist das Urteil wohl eher Augenauswischerei. Aber der VKI kündigte an, künftige Reklame mit „Made in Austria“sehr kritisch zu prüfen.
Auch andere Akteure haben Klagen eingebracht, etwa der Handelskonzern Rewe. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie des schweren gewerbsmäßigen Betrugs.
Auch der Vorwurf von Lohndumping steht im Raum. Die Arbeiterkammer (AK) reichte mehr als 75 Klagen beim Arbeits- und
Sozialgericht ein. Die meisten richten sich gegen die Zeitarbeitsfirmen, mehrere Klagen aber direkt gegen die Hygiene Austria. Über 120 Leiharbeiter hatten die AK um Unterstützung ersucht. Sie klagten über Arbeitszeitverletzungen, Handyabnahme und sogar Trinkverbot. Noch immer warten einige auf ihr Geld. Wenn die Leiharbeitsfirma nicht zahlt, könnte unter Umständen der Beschäftigerbetrieb selbst haftbar gemacht werden.
Viele hätten gleich nach der Hausdurchsuchung ihre Jobs verloren, sagte jüngst AK-Juristin Andrea Ebner-Pfeifer. Andere seien aber noch bis in den Mai hinein beschäftigt gewesen. „Masken produziert haben sie aber nicht, sondern wieder umgepackt“, erzählt sie. Diesmal in die andere Richtung. „Sie mussten die Masken, die vom Handel zurückgeschickt wurden, auspacken und die chinesischen von den österreichischen Masken trennen.“
Inzwischen ist auch geklärt, dass das Unternehmen für kurze Zeit ohne CE-Zertifizierung heimische Masken anbot. Und für die Genehmigung der chinesischen Masken hätte die Prüfstelle über den Standort in China informiert werden müssen. Das war aber nicht geschehen. Inzwischen hat das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen die Masken geprüft und grünes Licht gegeben.
Während also die einen sie wieder munter tragen, fühlen sich andere hintergangen und wollen die Masken loswerden. Der Handel zeigte sich hierbei kulant, verweigerte Hygiene Austria aber zuletzt die Rücknahme.
Fast fünf Monate nach dem Aufdecken des Skandals bleiben große Fragen offen. Wie viele Masken kamen aus China? Wie kamen diese unkontrolliert am Zoll vorbei? Laut Recherchen der „Presse“war das nicht über die österreichische Grenze direkt geschehen. Hygiene Austria gibt dazu keine Auskunft. „Derzeit läuft eine externe forensische Prüfung“, heißt es vonseiten der Firma zur „Presse“.