Der erleichterte Finanzminister
Ermittlungen. Blümel soll Novomatic bei Interventionen in Italien geholfen haben. Die Handyauswertungen untermauern das nicht. Chats aus dem betreffenden Zeitraum fehlen aber.
Wien. Tiefe Augenringe, graue Haare: Finanzminister Gernot Blümel ist in den letzten Monaten merklich gealtert. Pandemie, U-Ausschuss samt verpfuschter Aktenlieferung und Beschuldigtenstatus bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hielten den Stresspegel konstant hoch. Die Beliebtheitswerte sind dagegen im Keller. Zum ersten Mal seit Langem kann Blümel jetzt kurz aufatmen: Bei der Hausdurchsuchung konnten die Ermittler vorerst nichts Belastendes finden.
Das berichtete der „Kurier“am Mittwoch als Erstes – der „Presse“liegt der entsprechende Bericht des Bundeskriminalamtes zur Auswertung der bei Blümel beschlagnahmten elektronischen Datenträger vor. Das waren ein Handy, fünf USB-Sticks, zwei Tablets, ein i-Pod und ein Macbook Air. Außerdem wurden auch Daten bei Novomatic und dem ehemaligen CFO sichergestellt. Das Bundesrechenzentrum lieferte die Daten des Finanzministeriums.
Insgesamt wurden 738 GB sichergestellt, die mit einer speziellen Software nach gewissen Stichwörtern durchsucht wurden. Gesucht wurde etwa nach „Dr. Gusenbauer“, „Steuerschuld“, „Spende“, „Bundeskanzler“, „Kurz“, „Italien“, „Casag“, „Verständigungsverfahren“oder „Italien-Problematik“. Die Ermittler kamen zu keinem nennenswerten Ergebnis, das mit dem ursprünglichen Vorwurf in Zusammenhang gebracht werden konnte.
Die Anschuldigungen
Blümel wird seit Anfang Februar wegen des Verdachts der Untreue, des Missbrauchs der Amtsgewalt, der Bestechlichkeit und Bestechung als Beschuldigter geführt.
Grund dafür sind Chats, die nach einer Hausdurchsuchung auf dem Handy von Ex-NovomaticChef Harald Neumann sichergestellt wurden. Er schrieb am 12. Juli 2017 an Blümel: „Guten Morgen, hätte eine Bitte: Bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problems, das wir in Italien haben). Glauben Sie, geht sich das die Woche aus? lg Harald.“
Blümel, damals nicht amtsführender Stadtrat in Wien, antwortete nicht. Aber er bat Thomas Schmid – damals Kabinettschef im Justizministerium –, Neumann zurückzurufen. „Tu es für mich.“Es hatte zuvor schon Kontakt zwischen Neumann und Schmid zu dieser Thematik gegeben.
Der „Presse“liegen Aktenteile aus dem Verfahren in Italien vor. Novomatic hatte Steuerprobleme, weil die italienischen Behörden nach einer Betriebsprüfung zu dem Schluss kamen, dass in Italien zu hohe Betriebsausgaben verrechnet worden waren. Dadurch wurde der Gewinn gedrückt, und damit sank auch die in Italien abzuführende Steuer. Grund dafür war, dass Novomatic geschickt von der einer in die andere Westentasche wirtschaftete. Das Headquarter des Glücksspielkonzerns ist in Österreich. Tochterunternehmen in anderen Ländern werden darum Lizenzgebühren verrechnet – ein Vorgehen, das bei internationalen Unternehmen eigentlich gang und gäbe ist. Häufig werden so das Geld und der hohe Gewinn in Steueroasen geschleust. Im Fall von Novomatic wurde das Geld aber nach Österreich in den Mutterkonzern transferiert. Die Steuern werden laut Novomatic auch in Österreich abgeführt.
Nach der Betriebsprüfung in Italien begannen also die Verhandlungen mit den italienischen Behörden, was wo versteuert werden müsste – und dabei wollte Novomatic-Chef Neumann offenbar Hilfe. Er versuchte es über Blümel, man bat aber auch das Finanzamt, ein Konsultationsverfahren einzuleiten. Das wurde nicht gemacht – Österreich hat wohl auch ein Interesse daran, dass hier ein hoher Anteil an Steuern abgeführt wird.
Treffen in Italien
Acht Tage nach dem NovomaticHilferuf traf sich Sebastian Kurz (damals Außenminister) mit seinem italienischen Amtskollegen. „Es wurde nichts zu Novomatic besprochen“, sagte der Kanzler nach Aufkommen der Vorwürfe. Blümel gab an, Neumanns Anfrage gar nicht erst an Kurz weitergeleitet zu haben.
Auf Blümels Handy findet sich auch keine Kommunikation, die darauf hindeutet. Dazu ist zu sagen, dass Chats nur ab dem Jahr 2019 gefunden wurden. Blümel bekam dieses Handy mit Amtsantritt. Die Novomatic-Angelegenheit wurde aber im Jahr 2017 ausgestritten. Die Ermittlungen der WKStA dazu laufen jedenfalls noch – nach Informationen der „Presse“hat sich der Verdacht bisher aber auch sonst nicht erhärtet.
Novomatic musste am Ende des Tages 20 Millionen Euro nachzahlen – es wurde gerichtlich geklärt, was als Ausgabe anzuerkennen ist und was nicht. Ursprünglich stand eine Zahlung von bis zu 60 Millionen Euro im Raum.