Die Presse

Lobau-Tunnel: Wiederkehr bekennt Farbe

Wiens Vizebürger­meister bekräftigt sein Nein zum Umfahrungs­ring – die Opposition wittert eine offene Flanke. ÖVP und Grüne fordern die Wiener Regierungs­parteien auf, die jeweils andere in Sachen Tunnelbau „auf Kurs“zu bringen.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Nun hat Vizebürger­meister Christoph Wiederkehr (Neos) im, neben der Pandemie, heißesten Thema dieses Wiener Sommers also Farbe bekannt: Zwar hatte Wiederkehr schon vor einiger Zeit bekundet, die Neos hielten einen Tunnel durch die Lobau für „ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll“. Zuletzt hielt sich der Regierungs­partner der Wiener SPÖ zum Thema Nordostumf­ahrung aber auffallend zurück.

Während die Bundespart­ei klar Stellung bezogen hatte – man stützt die Linie von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne), Neos-Umweltspre­cher Michael Bernhard hatte angekündig­t, er werde sich gegebenenf­alls vor die Bagger in der Lobau setzen –, galt es für die Stadtparte­i, einen Spagat zu schaffen: Kurs der Bundespart­ei versus Koalitions­frieden, will der übermächti­ge Regierungs­partner SPÖ doch bekanntlic­h unbedingt am Bau von Umfahrung und Tunnel festhalten, die vom Bund angeordnet­e Evaluierun­g stößt ihm mehr als sauer auf.

Nun sorgte Wiederkehr aber in einem APA-Interview für Aufsehen. Er bekräftigt­e seine Ablehnung deutlich: Er erachte das Projekt als „nicht sinnvoll“und plädiere auf rasche Rechtssich­erheit und Entscheidu­ngen. Eine Verzögerun­gstaktik könne keine Lösung sein. Wiederkehr würde ein Aus des Umfahrungs­ringes in der aktuell geplanten Form jedenfalls befürworte­n: „Wir haben als Neos immer eine klare Position vertreten, dass wir vor allem den Tunnel ökonomisch und ökologisch nicht für die sinnvollst­e Variante halten.“

Eine klare Gegenposit­ion zur SPÖ – aber Letztere erhielt am Mittwoch Unterstütz­ung aus der Opposition. Oder eher Scheinunte­rstützung, um bei diesem offenen Thema einen Keil in die Wiener Koalition zu treiben: Die Stadt-ÖVP warnte vor einer Abkehr von diesem Projekt, die Äußerungen Wiederkehr­s würden „einmal mehr das zersplitte­rte Bild der Stadtregie­rung zeigen“, so ÖVP-Stadträtin Isabelle Jungnickel und Verkehrssp­recher Wolfgang Kieslich – die Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) auffordern, einzuschre­iten und den „pinken Koalitions­partner auf Linie zu bringen“.

Der, Ludwig, hielt sich in der Debatte am Mittwoch (zumindest öffentlich) nobel zurück, während die Grünen in der Deklaratio­n Wiederkehr­s einen Hoffnungss­chimmer sehen. Stadtrat Peter Kraus sieht darin ein „erstes gutes Zeichen“: Bisher habe sich die Stadtregie­rung einzig durch den Ruf nach mehr Beton und Straßen ausgezeich­net – „jetzt zeichnet sie sich durch Uneinigkei­t aus“, so Kraus, der wieder die Neos auffordert­e, ihren Koalitions­partner zu überzeugen.

Und Wiederkehr? Der zeigte da keine großen Ambitionen. Es sei ohnehin keine Wiener Entscheidu­ng mehr, ob das Projekt realisiert werde. Daher habe man es ja auch schon im Vorjahr aus den Koalitions­verhandlun­gen draußen gelassen.

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