„Viele Innovationen abseits der USA“
Start-up-Investment. Schon längst gebe es nicht mehr nur im Silicon Valley innovative Firmen, sagt Jörn Nikolay vom Wachstumsinvestor General Atlantic.
Wien. Es ist die jüngste Erfolgsgeschichte in einem für die heimische Start-up-Szene guten Jahr. Nachdem mit Bitpanda und Go Student bereits zwei Jungunternehmen zu Einhörnern wurden – also eine Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar erhielten –, konnte am Dienstag das Start-up Has to be mit dem Verkauf an das US-Unternehmen Chargepoint für 250 Mio. Euro den bisher höchsten Exit in der heimischen Start-upGeschichte vermelden („Die Presse“berichtete). Das für viele Überraschende dabei: Has to be stammt nicht aus Wien oder einem der Ballungszentren, sondern aus dem beschaulichen – eher für Tourismus bekannten – Salzburger Wintersportort Radstadt.
Für Jörn Nikolay, den D-A-CHChef des US-Investors General Atlantic, ist dies nicht verwunderlich. Er sieht schon seit Längerem eine Bewegung weg von den etablierten Start-up-Hubs hin zu weniger urbanen Regionen. „Man kann auch irgendwo am Land sitzen. Wir haben nun in eine Softwarefirma investiert, die sitzt in Chemnitz. Eine andere im Schwarzwald.“
China überholt bereits
General Atlantic ist einer der größten Investoren in Wachstumsunternehmen weltweit. „Wir investieren sieben bis acht Milliarden Dollar pro Jahr. Wenn man das auf eine Investmentdauer von drei bis vier Jahren umrechnet, sind wir bei etwa 25 Mrd. Fondsäquivalent.“Und durch die weltweite Aktivität habe man einen guten Überblick über die globale Situation.
Auch hier gebe es eine deutliche Verbreiterung, sagt Nikolay. „Bis vor zehn Jahren waren die USA dominierend.“Die meisten Start-ups in anderen Weltregionen seien Kopien von Dingen gewesen, die in den USA bereits erfolgreich waren. „Nun sehen wir aber eine Globalisierung des Unternehmertums. Wir sehen viele Innovationen auch außerhalb der USA.“
Das betreffe vor allem China, das laut Nikolay in manchen Bereichen inzwischen bereits die globale Nummer eins sei, aber auch Europa. „Auch hier sehen wir über den gesamten Lebenszyklus tolle Firmen. Vor ein paar Jahren waren das vor allem kleinere Firmen. Es gab aber eine Lücke bei etwas größeren Finanzierungsrunden – ab 100 Mio. Euro.“Die Entwicklung in Europa habe einfach zehn bis 15 Jahre später begonnen als in den USA. „Inzwischen hat Europa merklich aufgeholt.“
Grund für die Veränderung sei auch ein anderes Mindset bei vielen jungen Menschen. „Der Beruf des Unternehmers ist viel salonfähiger geworden. Vor 15 Jahren sind die Studienabsolventen eher in die Beratung oder zu großen Unternehmen gegangen.“Angesichts der regelmäßigen Erfolge von europäischen Gründern hätten nun jedoch viel mehr Lust darauf, es selbst zu probieren. Hinzu komme, dass Europa beim Selbstmarketing aufhole. „Wir müssen die Erfolgsgeschichten einfach viel stärker vermarkten.“
„Großartiges Frankreich“
Ein gutes Beispiel für eine solche Entwicklung sei Frankreich unter Präsident Emmanuel Macron. Dieser setze sich etwa im Rahmen von Konferenzen sehr stark für die französische Start-up-Landschaft ein, weshalb es auch wirklich eine Veränderung in dem Land gegeben habe. „General Atlantic hat 36 Jahre lang nie in Frankreich investiert. Jetzt haben wir sechs Portfoliofirmen in Frankreich – von insgesamt 158. Es ist großartig, was da in Frankreich passiert.“
Es gehe vielfach einfach um Signale, sagt Nikolay. „Ein Negativbeispiel war dabei der deutsche Finanzminister Olaf Scholz, der sagt, er investiert sein Geld nur am Sparbuch.“Von Macron könnten sich viele andere europäische Politiker in diesem Bereich noch etwas abschauen, meint Nikolay. „Auch „Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, der in Deutschland ja sehr geschätzt wird.“