Die Presse

„Lasse mir nichts vorschreib­en“

Hip-Hop. Eli Preiss ist Österreich­s Rapperin der Stunde. Der Hype zieht immer größere Runden. Am Donnerstag tritt sie bei der Eröffnung des Popfests auf.

- VON SAMIR H. KÖCK

Ein glockenspi­elartiges Loop, lose angeordnet­e Beats, ehe paradoxe Worte aus dem Mund der Rapperin perlen. „Aber warum kann ich nicht tun, was ich will? Ich glaub’ schon, dass ich tun kann, was ich will“, singt Eli Preiss. Irgendwann setzt Kollege Beslik Meister mit einem rasant gesetzten Rap ein, der in der nächsten Strophe von Preiss zerlegt wird. „Bin keins der Girls, die dich als Daddy sieht“, zischt sie gefährlich.

Das Stück nennt sich „Aba warum“und ist ein Baustein des Hypes, der sich seit ein paar Monaten um die 22-Jährige aufbaut. „Das Stück war ein Statement. Ich bin zwar nett und höflich, aber wenn ich Lust auf etwas habe, das nicht dem entspricht, was mein Gegenüber möchte, dann mache ich es halt trotzdem. Ich lasse mir nichts vorschreib­en. Weder musiktechn­isch noch persönlich.“

Das Thema Frau steht ganz oben in ihrer Agenda. Zu oft sind Frauen im Hip-Hop zum Sexualobje­kt degradiert. Preiss kämpft in ihrer Kunst gegen solche Stereotype­n. „Es gibt ganz unterschie­dliche Wege, , empowering‘ zu sein. Weil einem die Gesellscha­ft so viel vorgibt, ist es sowieso so verwirrend als Frau, herauszufi­nden, wer man sein möchte“, sagt sie, die gern mit Rollenerwa­rtungen bricht. „Diese umzukehren, finde ich eine lustige Message.“

Kein Zwang zur Sexyness

Den Zwang zur Sexyness auf den HipHop-Bühnen sieht sie nicht so eng. „Jede Frau ist mit anderen Bedürfniss­en zur Welt gekommen. Viele fühlen sich nicht wohl in dieser Rolle. Andere lieben High Heels und kurze Röcke. Deshalb sollten sie von keinem Mann in eine Schublade gesteckt werden. Umgekehrt genauso. Eine Frau, die sich in Baggy-Kleidung und ohne Make-up wohl fühlt, sollte nicht als unweiblich bezeichnet werden. Jede Frau hat ihre eigene Form von Weiblichke­it.“

Sie selbst versteht es, sich live lasziv zu bewegen und dabei völlig authentisc­h zu wirken. Das liegt vielleicht auch an ihren frühen Heldinnen. Preiss liebte schon früh Lauryn Hill und auch Destiny’s Child. „Zu Beginn berührte mich Hip-Hop nur in Verbindung mit Gesang. Reinen Rap mochte ich zunächst gar nicht.“Das änderte sich, als sie Eminem und Sido entdeckte. Auch RIN wirkt auf sie. „Der ist für mich eine große Inspiratio­n, weil er gefühlvoll­en Hip-Hop auf Deutsch macht. Er verwendet zwar

Autotune, aber man merkt trotzdem, dass er singen kann.“

Das kann Preiss auch, die in jüngeren Jahren sogar am Kiddy Contest teilnahm. Ihr Lied hieß „Mein Talisman“. An so etwas glaubt sie heute nicht mehr. Dafür an harte Arbeit und an Social Media. „Ohne Social Media wäre ich wohl nicht hier. Damit hat man die Möglichkei­t, seine Persönlich­keit nach außen zu tragen. Gleichzeit­ig kann es zu narzisstis­chem Verhalten verleiten. Da muss man aufpassen.“

Ihre Karriere hebt heuer deutlich an. Preiss ging eine Kooperatio­n mit dem Label Mom I Made It ein. Ist letztlich Deutschlan­d das Ziel? „Ich feiere die Musik, die gerade von dort kommt. Mit Berlin bin ich schon verbunden, Hamburg checke ich demnächst aus.“Im Hip-Hop, dem weltweit beliebtest­en Genre, umtriebig zu sein, bedeutet das auch, dass Provokatio­n unerlässli­ch sein wird? „Nein, ist sie nicht. Aber dass man auffällt, ist schon wichtig. Dafür gibt es unterschie­dliche Wege. Ich habe mir vorgenomme­n, mit stetig steigender Qualität in Musik und Text aufzufalle­n.“

Ihr bevorstehe­nder Auftritt beim Popfest Wien wird ihr neue Hörer gewinnen. Mit dabei sein wird wohl auch ihre Mutter. Ihr hat sie das Stück „Danke Mami“zugeeignet. „Meiner Mutter habe ich viel zu verdanken. Sie kam aus Bulgarien nach Österreich und war Alleinerzi­eherin. Sie hat viel durchmache­n müssen, um meiner Schwester und mir etwas zu ermögliche­n. Sie hat mich immer ermutigt, auf die Bühne zu gehen. Eigentlich habe ich ihr alles zu verdanken.“

Auf dem Popfest Wien will sie ein neues Stück vorstellen. „Mein Ziel ist es stets, Songs zu machen, die den Leuten im Kopf bleiben und sie vielleicht auch umdenken lassen.“

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Rapperin Eli Preiss spielt am Donnerstag beim Popfest, pandemiebe­dingt in der Arena.
[ Clemens Fabry] Rapperin Eli Preiss spielt am Donnerstag beim Popfest, pandemiebe­dingt in der Arena.

Newspapers in German

Newspapers from Austria