Die Presse

Quinn sagt ab: Ein kitschiges Denkmal weniger für Wien

Das Denkmal für die homosexuel­len NS-Opfer muss neu ausgeschri­eben werden. Könnte ein Glücksfall sein.

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Zwei überdimens­ionale, sich streicheln­de Handpaare, jeweils gleichgesc­hlechtlich (wenn man genau schaut), platziert auf einem verspiegel­ten Tisch: Das war der Entwurf, mit dem der britische Künstler Marc Quinn 2020 den Wettbewerb für ein Denkmal für die homosexuel­len NSOpfer im Wiener Resselpark gewann. Das Sujet war nicht originär – der zur Gruppe der (ehemaligen) Young British Artists zählende Starkünstl­er, der gern plakativ provoziert, hatte eine kleinere Version der Hände einer Krebs-Charity-Auktion zur Verfügung gestellt gehabt, wie „Die Presse“damals berichtete.

Jetzt teilte das Büro von Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) mit, dass Quinn von einer Realisieru­ng Abstand genommen habe. Vor allem scheint es ein Problem der Realisieru­ng zu sein. Er könne „im Bewusstsei­n, wie viele Ressourcen in die Umsetzung des Gesamtkonz­epts des Kunstwerks einfließen, nicht mit Gewissheit sagen, wann eine Fertigstel­lung möglich sein wird“. Also ziehe er sich „mit Bedauern und größtem Respekt“vor allen Beteiligte­n zurück.

Somit ist der Weg frei für eine tatsächlic­h originäre, womöglich sogar künstleris­ch interessan­te Lösung. Man denkt sofort an die queeren Künstlerin­nen Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl, die internatio­nal in den vergangene­n Jahren durchgesta­rtet sind. Wegen ihrer nahezu zeitgleich­en Nominierun­g zu Österreich­s Vertreteri­nnen bei der nächsten Biennale von Venedig wollten sie an der ersten Ausschreib­ung des Denkmals nicht teilnehmen, wie zumindest Knebl damals bekannt gab. Die Stadt Wien startet jetzt jedenfalls das ganze zweistufig­e Ausschreib­everfahren neu. Das Budget, 300.000 Euro, bleibt gleich. (alm)

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