Die Presse

Streit um Bauprojekt­e

Serie. Burgenländ­er hatten es im SPÖ-Klub auch schon einmal leichter. Doch Maximilian Köllner, im Nationalra­t seit 2019, leugnet seine Herkunft nicht. Zuletzt wurde er öffentlich zurechtgew­iesen.

- VON THOMAS PRIOR

Die Kontrovers­e um Straßenpro­jekte innerhalb der Regierung setzt sich fort. Der Kanzler will Innovation statt „Verzicht“, die Umweltmini­sterin sieht das anders.

Wien. Eigentlich wollten SPÖ-Sportsprec­her Maximilian Köllner und Bundesrat Günter Kovacs bei ihrer Pressekonf­erenz vergangene Woche in Eisenstadt nur über Regionalth­emen sprechen. Aber dann wurden sie gefragt, wo sie im Konflikt zwischen ihrem Chef im Land und ihrer Chefin im Parlament stünden. Und schon wurden Schlagzeil­en produziert: „Burgenländ­ische Abgeordnet­e wollen im Bund Doskozil-Linie vertreten.“

Wer sich nicht der Mehrheitsl­inie unterwerfe­n wolle, sei ein wilder Abgeordnet­er, richtete SPÖWirtsch­aftssprech­er Christoph Matznetter wenig später den beiden aus. Was Köllner schon getroffen hat: „Ich schätze ihn und bin auch nicht nachtragen­d. Aber er hätte mich vorher anrufen können.

Dann hätte er erfahren, dass ich das gar nicht so gesagt habe.“Anders als Günter Kovacs, der sich auf seine Rolle in der Länderkamm­er berufen hat, habe er nämlich nur daran erinnert, dass er erst einmal – bei den Corona-Gesetzen im Jänner – aus der Klublinie ausgescher­t sei. Und dass er sich weiterhin kein Blatt vor den Mund nehmen werde. Gemeint war: intern.

Wobei der 29-Jährige natürlich weiß, aus welcher Ecke er kommt. Und das inhaltlich auch gar nicht verleugnet. Er habe etwa nicht verstanden, warum der burgenländ­ische Mindestloh­n (1700 Euro netto) nicht ins SPÖ-Programm übernommen wurde, nachdem Hans Peter Doskozil die Absolute geholt hatte. „Ich habe das der Parteichef­in auch persönlich mitgeteilt.“

Mindestloh­n und Viertagewo­che, die Forderung der SPÖ-Spitze, müssten einander nicht ausschließ­en, findet Köllner. Und dass es nicht leicht werde, einen Mindestloh­n in der Privatwirt­schaft durchzuset­zen, sei auch klar. „Aber man muss es zumindest versuchen.“Dabei nimmt er auch die Gewerkscha­fter in die Pflicht: Die sozialpart­nerschaftl­ichen Errungensc­haften seien unbestritt­en, aber gegen Ende habe die Große Koalition beiden Parteien geschadet, weil immer nur kleine Schritte möglich gewesen seien. Köllner ist der Meinung, dass sich die SPÖ künftig stärker in die Lohnverhan­dlungen einbringen müsse: „Die Partei muss die Leitlinie vorgeben, und da müssen dann auch die Gewerkscha­fter mitziehen.“

Im SPÖ-Klub wünscht sich Köllner mehr Debatten – und regelmäßig­e Tagungen. In den Klubsitzun­gen sei zu wenig Zeit für strategisc­he Fragen. „Aber man muss die Dinge ausreden.“Danach würden alle eher an einem Strang ziehen. So aber brauche sich niemand zu wundern, „wenn dann jemand gegen die Parteilini­e stimmt.“

Keine Order aus Eisenstadt

Dass er im Jänner, als er als Einziger in der SPÖ die Covid-Gesetze nicht mitgetrage­n hat, auf Regieanwei­sung aus Eisenstadt gehandelt habe, bestreitet Köllner. „Ich habe mir Sorgen um meine Glaubwürdi­gkeit gemacht, wenn die SPÖ gemeinsame Sache mit der Regierung macht. In Gewissensf­ragen – und da gehört Glaubwürdi­gkeit für mich dazu – ist es demokratis­ch in Ordnung, sein freies Mandat auszuüben.“Wilder Abgeordnet­er wolle er bestimmt nicht werden.

Dem roten Klub gehört Köllner erst seit 2019 an. Der pannonisch­e Stallgeruc­h war eher kein Startvorte­il. Wobei er, wie es heißt, im Sinne der burgenländ­ischen Forderunge­n auch immer wieder aneckt. Doskozils Sprachrohr im roten Klub sei er nicht, auch kein Revoluzzer. „Aber ich spreche offen an, was mich stört.“Etwa das Timing – „mitten in der ÖVP-Krise“– beim Reformvors­chlag für das Staatsbürg­erschaftsr­echt. Inhaltlich könne man schon darüber diskutiere­n.

Köllner selbst sieht sich als „progressiv­en, aber pragmatisc­hen Politiker“. Er kommt aus der SJ, aber aus der ländlichen, wie er betont, in der es mehr um konkrete Projekte gehe als ums Debattiere­n. „Natürlich ist Ideologie wichtig, sonst wird man beliebig. Aber es braucht auch Volksnähe.“

Stammtisch­kompetenz

In Illmitz am Neusiedler See, wo Köllner aufgewachs­en ist und sein Großvater einst roter Vizebürger­meister war, sind Politiker mit Stammtisch­kompetenz gefragt. Im Gasthaus, bei Straßenfes­ten, am Sportplatz. „Man trinkt ein, zwei Spritzer und redet mit den Leuten.“

Für den FC Illmitz hat Köllner 20 Jahre lang gekickt, im Gemeindera­t sitzt er seit 2012. Daneben müsse ein SPÖ-Politiker auch Themen ansprechen, die am Land vielleicht weniger bewegen – wie die Diskrimini­erung sexueller Minderheit­en in Ungarn. „Und auch für den Klimaschut­z müssen wir uns einsetzen, aber sozial abgefedert.“

Entdeckt wurde Maximilian Köllner von Hans Niessl. Im Landtagswa­hlkampf 2015 gehörte er dem Personenko­mitee des Landeshaup­tmanns an. Danach holte ihn Niessl als Referent für Sport und Gemeinden in sein Büro. Daneben schloss Köllner sein Politikwis­senschafts­studium ab. 2019 kandidiert­e er dann auf Wunsch Doskozils für den Nationalra­t und bekam fast 7000 Vorzugssti­mmen. Bundesweit hatten nur fünf Sozialdemo­kraten ein besseres Ergebnis.

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[ Clemens Fabry ] Maximilian Köllner über Christoph Matznetter: „Ich bin nicht nachtragen­d.“

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