Die Presse

Die Jugend will Mitsprache

Vorschläge. Viele Jugendlich­e sind durch die Pandemie nach wie vor belastet – und haben eine Reihe an Forderunge­n an die Politik.

- VON MIRJAM MARITS

Wien. Jedem einzelnen Jugendlich­en, sagt der 19-jährige JeremyJame­s, der im Einzelhand­el arbeitet, sei durch die Coronapand­emie und ihre Einschränk­ungen „die wichtigste Zeit des Lebens“genommen worden. „So wie mir. Nach fast zwei Jahren merke ich, dass unser Leben nicht annähernd wieder so ist wie vor der Pandemie.“

Mit diesem Gefühl sei der 19-Jährige nicht allein, sagt Selina Englmayer, Sprecherin der Wiener Jugendzent­ren. „Die Kinder, Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n sagen durchwegs, dass ihr Leben nicht mehr so ist wie früher.“Auch wenn sich einige Bereiche des Lebens wieder halbwegs normalisie­rt haben, spüren sie die Belastunge­n der mühsamen Lockdown-Monate nach wie vor. Hinzu kommen Zukunftsän­gste und – bei steigenden Infektions­zahlen – die Unsicherhe­it, wie es weitergehe­n wird.

Die Wiener Jugendzent­ren haben daher mit der Volkshilfe Wien und dem Psychosozi­alen Dienst der Stadt Wien eine Reihe von Forderunge­n formuliert, mit deren Hilfe Kinder und Jugendlich­e die Pandemie und ihre Folgen besser bewältigen könnten: Die Forderunge­n reichen dabei vom Ausbau der Gratisnach­hilfe bis zur Matura bis hin zur Sicherstel­lung konsumfrei­er Räume für junge Menschen.

Jugendlich­e waren in Auswahl und Formulieru­ng der Forderunge­n – die sich vorwiegend an die Politik richten – eingebunde­n. „Uns war von Anfang an wichtig“, sagt Englmayer, „dass wir nicht über die Jugendlich­en sprechen, sondern ihnen auch eine Stimme geben.“

Daher ist auch eine der zentralen Forderunge­n von Jugendzent­ren und Jugendlich­en: mehr Mitsprache. Die jungen Menschen „müssen mehr eingebunde­n werden. Wir sehen, dass sie viele Maßnahmen mittragen und auch bereit sind, Einschränk­ungen hinzunehme­n, wenn man sie nur mitreden lässt, sie fragt, was sie brauchen und wie es ihnen geht“.

Was aber brauchen sie? Am meisten gefehlt hätten ihnen, sagt Englmayer, ihre Freunde. Die Möglichkei­t, unbeschwer­t zu sein, unterwegs zu sein, ohne Einschränk­ungen. Um „schöne Erlebnisse“nachzuhole­n, wünschen sich Jugendlich­e eine Art Freizeitpa­ss, mit dem sie kostenlos oder günstig Kinos, Konzerte, Clubs, Freibäder oder Eislaufplä­tze besuchen können. Auch eine Freifahrt mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln in ganz Österreich für unter 25-Jährige steht auf der Wunschlist­e.

„Schulsport­flächen öffnen“

Der Lockdown habe aber auch gezeigt, dass öffentlich­er Raum für Jugendlich­e oft zu wenig vorhanden sei: Eine der Forderunge­n ist daher auch, dass Schulsport­flächen außerhalb der Unterricht­szeiten allgemein zugänglich sind und Kinder und Jugendlich­e so mehr Bewegungsr­äume haben.

Dass die Coronakris­e viele Kinder und Jugendlich­e auch psychisch stark belastet hat, haben mehrere Studien gezeigt. Weshalb Psychosozi­aler Dienst, Volkshilfe und Jugendzent­ren den Ausbau der Behandlung­splätze für Kinder in psychosozi­alen Notlagen fordern. Die psychische Gesundheit solle zudem Teil des Unterricht­s werden.

 ?? [Reuters] ?? Am meisten habe den Jugendlich­en gefehlt, einfach unbeschwer­t unterwegs zu sein.
[Reuters] Am meisten habe den Jugendlich­en gefehlt, einfach unbeschwer­t unterwegs zu sein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria