Bawag wird Österreichs größter Onlinebroker
Übernahme. Die französische Großbank BNP Paribas verkauft die Hello-Bank an die Bawag, die den Marktführer im Online-Wertpapierhandel mit ihrer Tochter Easybank fusioniert. Die Konsolidierung am Bankenmarkt nimmt an Fahrt auf.
Wien. Diskretion ist ein Wesensmerkmal, das in der Bawag hoch geschätzt wird. Der Vorstand gibt keine Interviews, macht keine Pressekonferenzen und ist selten bei Veranstaltungen anzutreffen. Dennoch schafft es die ehemalige Gewerkschaftsbank regelmäßig in die Schlagzeilen – in der Regel mit Zukäufen, die kaum jemand im Visier hatte.
So war es auch am gestrigen Donnerstagnachmittag. Die Bawag teilte via Presseaussendung mit, dass sie die Hello-Bank, Österreichs marktführenden Onlinebroker (ehemals direktanlage.at), übernimmt. Die Hello-Bank betreut 80.000 Kunden im Wertpapierhandel und verwaltet ein Vermögen von acht Mrd. Euro. Sie hat ihren Sitz in Salzburg und beschäftigt rund 160 Mitarbeiter, ist aber keine eigenständig lizenzierte Bank, sondern gehört der französischen Großbank BNP Paribas und ist unter dem Dach von deren Österreich-Niederlassung aktiv. Die Marke wird mit der Übernahme vom Markt verschwinden, weil die Bawag die Hello-Bank mit ihrer Onlinetochter
Easybank verschmelzen will. Der Kaufvertrag ist unterschrieben, das Closing der Transaktion wird Ende des Jahres, spätestens Anfang 2022 erwartet. Der Kaufpreis wurde nicht bekannt gegeben.
Geschäft mit niedrigen Margen
Auf den ersten Blick kam die Akquisition überraschend. Zwar nicht die Tatsache, dass die Bawag auf Expansionskurs ist, aber dass sie sich für ein Kaufobjekt in Österreich entschieden hat. Denn bisher lag der Schwerpunkt der Zukäufe in Deutschland, wo sie unter anderem 2017 die Südwestbank mit zahlreichen Filialen übernommen hat. Im heurigen Februar kam die abzuwickelnde Depfa-Bank hinzu, ein auf die Emission von Pfandbriefen spezialisiertes Finanzinstitut. Die Übernahmeziele der Bawag hatten bisher also entweder eine stationäre Infrastruktur oder ein sehr spezielles Geschäftsmodell.
Betrachtet man den Hello-Bank-Deal jedoch auf Ebene der Easybank, ergibt die Verschmelzung der beiden Geschäftsfelder durchaus Sinn: Die Easybank hat als Diskonter-Onlinebank viele Kundeneinlagen und bietet standardisierte Kredite oder Leasing an, ist aber im Wertpapierhandel nicht so stark aufgestellt wie die Hello-Bank. Diese ist mit ihrem Produktangebot ebenfalls im Diskontbereich tätig. Beide Geschäftsmodelle sind nicht mit hohen Margen gesegnet, zusammen lassen sich Kosten senken und mit der größeren Kundenbasis Erlöse maximieren. Denn die Marktführerschaft der Hello-Bank ist nicht automatisch mit profitablen Geschäft verbunden – der Wettbewerb ist durch internationale Anbieter wie Flatex oder Degiro hart umkämpft und das Marktpotenzial schon wegen der Größe Österreichs begrenzt.
Konsolidierung in Europa
Das ist wohl auch einer der Gründe, wieso sich BNP Paribas entschieden hat, das Geschäft abzugeben. Es passt gut in das Muster, das man bereits bei der niederländischen ING beobachten konnte, als sie sich aus dem österreichischen Privatkundengeschäft zurückgezogen hat. Die europäischen Großbanken – BNP ist die zweitgrößte in Europa – analysieren ihre Portfolios und stoßen jene Märkte oder Geschäftsfelder ab, die ihre Anforderungen auf Profite nicht erfüllen. Österreich ist offenbar ein Markt, auf dem die Großen nur wenig Potenzial sehen.