Jeder dritte Euro für Sozialausgaben
Pandemie. Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Österreich im Coronajahr mehr Geld für Sozialleistungen ausgegeben als je zuvor. 2020 flossen in Summe 130 Mrd. Euro.
Wien. Die Coronapandemie hat die Sozialausgaben im Jahr 2020 kräftig ansteigen lassen. Nach vorläufigen Berechnungen der Statistik Austria stiegen sie auf rund 130 Mrd. Euro (2019: 117 Mrd. Euro). Weil gleichzeitig die Wirtschaftsleistung mit minus 5,1 Prozent markant zurückging, stieg die Sozialquote, also der Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP), auf den Höchststand von 34,4 Prozent.
„Im Coronajahr 2020 flossen erstmals Ausgaben in der Höhe von mehr als einem Drittel der österreichischen Wirtschaftsleistung in Soziales“, so Statistik-AustriaGeneraldirektor Tobias Thomas. 2019 lag die Sozialquote noch bei 29,3 Prozent. Auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 machte sie 29,6 Prozent aus, im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts (2010–2020) 29,9 Prozent.
Die Ausgaben für die Sozialleistungen im Bereich Arbeitslosigkeit zur Bewältigung der Krise auf dem Arbeitsmarkt haben sich von rund sechs Mrd. Euro (2019) auf rund 13 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Im Vordergrund stand dabei die Kurzarbeitsbeihilfe, die Ausgaben stiegen in diesem Bereich von zwei Mio. Euro auf 5,5 Mrd. Euro. Wegen der insgesamt stark gestiegenen Arbeitslosigkeit und der verbesserten sozialen Absicherung (Einmalzahlungen, befristete Anhebung der Notstandshilfe) nahmen auch die Ausgaben für das Arbeitslosengeld (plus 55 Prozent, 2,4 Mrd.) und Notstandshilfe (plus 42 Prozent, 1,9 Mrd.) stark zu.
Mehr für Pension als für Krise
Die nach den Kurzarbeitsbeihilfen zweithöchsten coronabedingten Sozialleistungsausgaben waren die Unterstützungen für Selbstständige (Kleinstunternehmen, freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer etc.) sowie Künstlerinnen und Künstler (1,1 Mrd. Euro). Durch die Einmalzahlung in Form des Kinderbonus erhielten Familien zusätzliche Unterstützung von 656 Mio. Euro. Auch die Ausgaben für die Familienbeihilfe stiegen stark (plus 21 Prozent, 4,2 Mrd.).
Trotz der Pandemie dominierten weiterhin die Leistungen an Personen im Pensionsalter: Für Alterspensionen, Ruhegenussleistungen, Betriebspensionen sowie Betreuungs- und Pflegeleistungen wurden rund 54 Mrd. Euro (plus 5,6 Prozent gegenüber 2019) und damit 43 Prozent der Sozialleistungen aufgewendet. An zweiter Stelle mit rund 32 Mrd. Euro und einem Anteil von 25 Prozent folgen die Ausgaben für den Bereich Krankheit bzw. Gesundheitsversorgung aller Altersgruppen.
Das Momentum-Institut wies darauf hin, dass das heimische Sozialsystem vor Armut schütze. Gelten vor Sozialleistungen noch über 1,5 Mio. Menschen über 18 Jahren in Österreich laut EU-SILC-Statistik als armutsgefährdet, sind es durch die Auszahlung von Arbeitslosengeld, Familienbeihilfe und Co. nur noch knapp 60 Prozent davon (931.000). Die Neos nutzten den Bericht, um einmal mehr die Anpassung des tatsächlichen an das gesetzliche Pensionsantrittsalter einzufordern. (ag./auer)