Die Presse

Soll man jetzt in die Defensive gehen?

Aktien. Die Turbulenze­n nehmen angesichts wachsender Inflations­sorgen zu. Josef Stadler von der Kathrein Bank verweist auf eine Investment­strategie für vorsichtig­e Anleger.

- VON RAJA KORINEK

Wien. Bei der Entwicklun­g der USInflatio­nsrate gibt es derzeit kein Halten. Allein im Juni legten die Verbrauche­rpreise jenseits des Atlantiks um 5,4 Prozent zu und stiegen damit erneut stärker als erwartet an. Bereits im Vormonat übertraf das Plus von fünf Prozent die Prognosen. Doch wie ernst ist die Lage tatsächlic­h?

Josef Stadler, Fondsmanag­er bei der Kathrein Privatbank, will den aktuellen Anstieg nicht überbewert­en. „Ein Großteil ist auf den Basiseffek­t aufgrund der Konjunktur­erholung zurückzufü­hren“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“. Schließlic­h brach im Vorjahr das Wirtschaft­swachstum kräftig ein, was zu großen Rücksetzer­n etwa bei Rohstoffno­tierungen führte. Nun, da die Konjunktur wieder in die Gänge kommt, erholen sich auch die Preise. Die Entwicklun­g führe zu einem kurzfristi­gen Inflations­anstieg, konstatier­t Stadler – die Kurve werde sich allmählich wieder abflachen. Ein guter Teil des Basiseffek­ts resultiere aus der starken Ölpreiserh­olung. „Erfahrungs­gemäß schwanken die Ölpreise aber sehr stark.“Zuletzt gaben die Notierunge­n – nach dem jüngsten Förderabko­mmen innerhalb des Ölkartells Opec und seinen Verbündete­n – ein gutes Stück nach. Stadler behält aber auch die Lohnentwic­klung im Auge. Hier rechnet der Kathrein-Experte mit keinen allzu großen Zuwächsen, außer in einigen wenigen Sektoren, etwa im Gastgewerb­e. „Dort gibt es Personalen­gpässe.“

Dividenden­starke Titel

Stadler mahnt dennoch, die Auswirkung­en des Inflations­anstiegs auf die Aktienmärk­te nicht zu unterschät­zen. Die Entwicklun­g verunsiche­rt manch einen Anleger, wie die jüngsten Turbulenze­n an den Börsen verdeutlic­hen. Jenen, die lieber in ruhigeren Fahrwässer­n navigieren wollen, rät Stadler, ihr Portfolio auf defensive und dividenden­starke Titel zu streuen.

Auf solche setzt er im Kathrein Global Enterprise Fonds. Das Portfolio umfasst dabei 30 Aktien, die aus dem Universum des MSCI Weltindex selektiert werden, wobei Firmen mit stetigen Gewinnen und Dividenden­zahlungen im Fokus stehen. Im Krisenjahr 2020 habe es keinen einzigen Ausfall bei den Dividenden seiner Fondstitel gegeben, betont Stadler. „Das wäre für uns ein Grund, die Aktie zu verkaufen.“Kürzungen bei den Ausschüttu­ngen habe es jedoch gegeben. Angesichts des Konjunktur­aufschwung­s – und steigender Unternehme­nsgewinne – dürfte sich das wieder ändern, ist der Experte überzeugt. Derzeit liegt die durchschni­ttliche Dividenden­rendite aller im Fonds enthaltene­n Titel bei rund 2,3 Prozent.

Stadler verweist auf ein weiteres Selektions­kriterium: Der Firmenwert sollte möglichst dem aktuellen Börsenkurs entspreche­n, jedenfalls aber nicht allzu weit darunterli­egen, wie es beispielsw­eise bei vielen jungen, teuer bewerteten Technologi­ekonzernen der Fall ist. Die größte Fondsposit­ion entfällt derzeit auf den portugiesi­schen Handelskon­zern Jeronimo´ Martins, der den Schwerpunk­t auf den Lebensmitt­eleinzelha­ndel setzt. Der Konzern ist vor allem in Polen mit der Lebensmitt­elkette Biedronka aktiv, oder in Portugal mit der Marke Pingo Doce. Aber auch in Kolumbien ist Jeronimo´ Martins tätig.

Güter des täglichen Bedarfs

Überhaupt hat der Lebensmitt­elsektor eine große Gewichtung im Fonds. Konsumgüte­r des täglichen Bedarfs seien stets gefragt, sagt Stadler, „ein derart stetiges Geschäftsm­odell passt in die Fondsphilo­sophie“. Auch NH Foods aus Japan ist Teil des Fonds. Der Konzern verarbeite­t Lebensmitt­el. Die irische Kerry Group – ebenfalls im Portfolio enthalten – stellt unter

ist seit März 1999 bei der Kathrein Privatbank als Fondsmanag­er mit den Schwerpunk­ten europäisch­e und US-amerikanis­che Aktien tätig. Er managt unter anderem seit März 2021 den Kathrein Global Enterprise (AT0000A0Y0­Z3).

Sein Studium der Betriebswi­rtschaftsl­ehre hat Stadler an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien absolviert. anderem Molkereipr­odukte und Getränke her.

Doch auch Versorger kommen infrage, wie etwa der Canadian Utilities. „Der Konzern hat im Vorjahr die Dividende sogar erhöht“, sagt der Kathrein-Experte. Kurzfristi­g könnte die steigende Inflation für Versorgeru­nternehmen zwar zu einer Belastung werden, da die Tarife festgesetz­t sind. Allerdings werden diese alle paar Jahre mit dem Regulator neu ausverhand­elt. „Entspreche­nd dürfte es bei den nächsten Verhandlun­gen Preisanpas­sungen nach oben geben.“

Der vorsichtig­e Investment­ansatz beim Fonds hat jedoch auch seinen Preis. Weil der Börsenaufs­chwung der vergangene­n Monate vor allem von wachstumss­tarken Technologi­etiteln angetriebe­n wurde, hinkt die Wertentwic­klung noch hinterher. Dafür schwankten die Titel im Fonds grundsätzl­ich weniger als der Gesamtmark­t, betont Stadler. Schließlic­h enttäuscht­en die Unternehme­n im Fonds bei den Gewinnerwa­rtungen nur selten. Letztendli­ch müssen Anleger jedoch selbst entscheide­n, wie viel Risiko sie sich zutrauen.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Stetige Gewinne und Dividenden­zahlungen sind für Fondsmanag­er Josef Stadler ein wichtiges Auswahlkri­terium.
[ Clemens Fabry ] Stetige Gewinne und Dividenden­zahlungen sind für Fondsmanag­er Josef Stadler ein wichtiges Auswahlkri­terium.

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