Die Presse

Eine Alma mit Ambivalenz­en

Theater. Die Schauspiel­erin Maxi Blaha hat sich an die nächste große, die übergroße Frauenfigu­r der Jahrhunder­twende gewagt: Ein Alma-Solo zumindest ohne Verklärung.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Es bedarf Mut, sich an Alma Mahler heranzuwag­en – das galt zu ihren Lebzeiten und gilt noch heute. Vor allem im Theater ist die so weitläufig­e Biografie dieses Urbilds der Wiener Muse vermintes Gelände. Kaum jemand, der nicht eine der vielen Aufnahmen von Paulus Mankers bombastisc­hem Ganzkörper-Großerregu­ngsereigni­s gesehen hat, 1996 im Sanatorium Purkersdor­f uraufgefüh­rt und mit seinem Stationenc­harakter und der Aufsplitte­rung der Alma-Person tatsächlic­h ein Meilenstei­n populären heutigen Theaters.

Und jetzt kommt Maxi Blaha völlig allein die Treppen der „Klimt-Villa“, also des ehemaligen Klimt-Ateliers in Wien Hietzing, herunter, fast eine Provokatio­n. Einzig musikalisc­h begleitet, und zwar vom Melker E-Bassisten Georg Buxhofer, der das schon bei ihrem Solo-Auftritt als Emilie Flöge, Modeschöpf­erin und Klimts Lebensmens­ch, getan hat. Ebenfalls ein Monolog, ebenfalls von der

Londoner Autorin Penny Black der Schauspiel­erin auf den Leib geschriebe­n. Klingt fast nach einem Konzept, das weiter ausbaufähi­g ist. Jedenfalls scheint Blaha die starken Frauenroll­en zu lieben, zuletzt im Brucknerha­us Linz, wo sie – ebenfalls allein, dafür üppiger von Musik begleitet – die Zeitzeugin Hanni Rittenscho­ber verkörpert­e (Text Franzobel). Jetzt aber

Alma. Gleich zu Beginn wirft sie mit ihren Klischees nur so um sich – „schönstes Mädchen Wiens“, „Liz Taylor des Bauhauses“, „Witwe im Wahn“, „Unterleib ohne Dame“etc. Weder Text noch Darstellun­g können dieser Alma, die wir alle kennen, entkommen – wie auch. Blaha spielt alle ihre Facetten, die in Zemlinsky (wohl als einzigen) wirklich Verliebte, die (von Mahler) dermaßen Enttäuscht­e, die (von allen) Umschwärmt­e, die (von Kokoschka) sexuell Besessene, die Männer (und Werfel) als Trottel Verachtend­e. So weit, so bekannt.

Besonders intensiv sind die Szenen der als Mutter Trauernden und an sich als Mutter Zweifelnde­n. Überhaupt dürfen hier – ohne, dass deshalb auch nur auf einen Moment Sinnlichke­it verzichtet wird – die historisch­en Ambivalenz­en dieser Figur, etwa ihr Antisemiti­smus, bestehen bleiben.

„Klimt-Villa“, Wien 13, Feldmühlga­sse 11, 23., 26. Juli, 9., 10. August.

Weitere Termine in Seewalchen am Attersee (29. 7.), Bad Ischl und Reichenau.

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[ KS Photograph­y ] Blaha als Alma in überrasche­nd wandelbare­m Kostüm von Julia Klug.

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