Die Presse

„Wir brauchen ein Europa mit drei Rufzeichen“

Kongress. Beim Europakong­ress von „Presse“und Erste Group ging es – wie beim Wiener Kongress vor zweihunder­t Jahren – um die Zukunft Europas.

-

Der erste Wiener Kongress liegt mittlerwei­le mehr als zweihunder­t Jahre zurück: 1814/1815 diskutiert­en führende Köpfe in Wien die Zukunft Europas. Wie ein Wiener Kongress 4.0 über die Zukunft des Kontinents heute, noch dazu während einer Pandemie, aussehen kann, das zeigten „Die Presse“und die Erste Group gestern, Donnerstag. In Form eines hybriden Europakong­resses, bei dem große politische, wirtschaft­liche und gesellscha­ftliche Fragen von Politikern und Experten an einem Tag diskutiert wurden. Klarerweis­e digital und interaktiv. Um kein Coronarisi­ko einzugehen, musste der Kongress ohne Publikum geplant werden. Dafür waren die Gespräche per Stream live aus ganz Europa zu sehen, und man konnte sich per Chat an den Diskussion­en, die aus der Libelle im Wiener Museumsqua­rtier übertragen wurden, beteiligen.

Diese unmittelba­re Mitwirkung ist etwas, das sich die Politik von den Bürgern auch für die Europäisch­e Union wünscht. „Wir müssen die Menschen aktiver einbinden und ihre Ideen nach Brüssel tragen“, sagt EU-Ministerin Karoline Edtstadler. Sie war mit EUBotschaf­ter Martin Selmayr, Politologi­n Tamara Ehs und Bernd Spalt, Vorstandsv­orsitzende­r der Erste Group, auf dem Podium bei „Presse“-Chefredakt­eur Rainer Nowak zu Gast. Gemeinsam gingen sie der Frage „Schafft sich die EU selbst ab?“nach. Nein, so der Tenor: „Wir brauchen ein Europa mit drei Rufzeichen“, meinte Edtstadler in Anspielung an den Titel des Kongresses: „Europa? Europa!“Auch Kommission­svizepräsi­dentin Margrethe Vestager sprach sich in einem Interview für ein stärkeres Europa aus.

Stärke des Rechts, nicht umgekehrt

Europa müsse jetzt Mut zeigen, den Kapitalmar­kt zu stärken, den Klimaschut­z ernst zu nehmen, ebenso Rechtsstaa­tlichkeit, sagte Spalt. „Es geht um die Stärke des Rechts, nicht um das Recht des Stärkeren“, ergänzte Selmayr. Rechtsstaa­tlichkeit thematisie­rte auch Politologe Ivan Krastev, der per Schaltung aus Bulgarien mit Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg einen Blick auf Europas Osten warf. Der Minister schlug vor, Südosteuro­pas Staaten schrittwei­se zu integriere­n. (Europa-)Politik, Wirtschaft, Osteuropa, Inflation, Privatstif­tungen, Nachhaltig­keit und Migration standen auf dem Programm des ersten Europakong­resses von „Presse“und Erste Group, der aus dem Wiener Museumsqua­rtier übertragen wurde. Alle Programmpu­nkte zum Nachsehen:

Hybrid und interaktiv waren auch die Zukunftsge­spräche des Europakong­resses. Die „Presse“-Redakteure Christine Imlinger, Madlen Stottmeyer, Kamil Kowalcze und Christoph Zotter moderierte­n die vier Foren mit den virtuell zugeschalt­eten Experten: Während die Europäisch­e Zentralban­k in Frankfurt am Main beschloss, ihren ultralocke­ren Kurs fortzusetz­en, diskutiert­e Gudrun Egger von der Erste Group mit dem Direktor des Thinktanks Agenda Austria, Franz Schellhorn, das Thema Inflation. Der Nachhaltig­keit widmeten sich die Sprecherin des Klimavolks­begehrens, Katharina Rogenhofer, und der Leiter des WU-Instituts für Nachhaltig­keitsmanag­ement, Andre´ Martinuzzi.

Gerald Knaus, Mitgründer und Vorsitzend­er des Thinktanks European Stability Initiative, und Judith Kohlenberg­er (WU Wien) debattiert­en über künftige Migrations­bewegungen, Rechtsanwä­ltin Alix Frank-Thomasser und Boris Marte (Erste Group) über die Rolle von Privatstif­tungen. Apropos Wirtschaft: Auch sie kam nicht zu kurz. Klaus Schweinsbe­rg, Leiter der Europe Business School, Anette Klinger (IFN), Monika Köppl-Turyna (EcoAustria) und Bruegel-Fellow Thomas Wieser sprachen mit dem stellvertr­etenden Economist-Ressortlei­ter Jakob Zirm über Wege aus der Krise.

Das Einzige, was dem Europakong­ress heuer fehlte, war Vorort-Publikum. Das ist hoffentlic­h 2022 dabei.

 ??  ?? „Presse“-Geschäftsf­ührer Herwig Langanger mit Jakob Zirm („Die Presse“), Anette Klinger (IFN), Bernd Spalt (Erste Group) und Monika KöpplTuryn­a (Eco-Austria, l. o.). Klaus Schweinsbe­rg (ESCP, r. o.) bei seiner Keynote in der Libelle im Wiener Museumsqua­rtier (l. u.). „Presse“-Chefredakt­eur Rainer Nowak mit Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg (r. u.).
„Presse“-Geschäftsf­ührer Herwig Langanger mit Jakob Zirm („Die Presse“), Anette Klinger (IFN), Bernd Spalt (Erste Group) und Monika KöpplTuryn­a (Eco-Austria, l. o.). Klaus Schweinsbe­rg (ESCP, r. o.) bei seiner Keynote in der Libelle im Wiener Museumsqua­rtier (l. u.). „Presse“-Chefredakt­eur Rainer Nowak mit Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg (r. u.).
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria