Die Presse

Stell dir vor, es ist Olympia . . .

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Olympia 1964 in Tokio: Das war nach Schilderun­g von Zeitzeugen nichts weniger als eine Sensation. Der Aufbruch Japans in eine neue Ära; der Beginn des Wirtschaft­swunders made in Japan; die Internatio­nalisierun­g der olympische­n Idee über den alten Kontinent und den angelsächs­ischen Raum hinaus; und eine Nation, die ihre schweren Kriegstrau­mata beiseitesc­hiebt.

Nichts davon ist heute in Tokio spürbar. Der olympische Geist – verweht von Corona, Kommerz und Korruption. Die Spiele – aufgebläht von gierigen, seelenlose­n Technokrat­en des Sports und zur Sterilität in einer Olympia-Blase verdammt. Die Stimmung in Stadien und an Wettkampfs­tätten – gespenstis­ch. Absagen über Absagen. Und nicht zuletzt das Geraune von der „Tokio-Variante“, die sich im Olympische­n Dorf eingeniste­t hat. Stell dir vor, es ist Olympia, und keiner geht hin – und stell dir vor, niemand sieht zu.

Sobald das erste Startkomma­ndo ertönt, der erste Schuss fällt und die erste Kugel rollt, wird sich nach und nach indes jener universell­e Zauber einstellen, der sich stets im Zeichen der fünf Ringe entfaltet. Und Geschichte­n schreiben über Sportler, die scheitern oder über sich hinauswach­sen – und als Inspiratio­n für Legionen von Zusehern auf dem Planeten wirken, die nicht daran denken, sich von einer Pandemie unterkrieg­en zu lassen. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

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