Die Presse

Angesehen, unterbezah­lt

Karriere. In der Wissenscha­ft tätig zu sein, klingt gut. Die Praxis sieht oft deutlich anders aus.

- VON KLARA EXNER UND JANA-SOPHIE HEUMADER

Wer sich für den Berufsweg Wissenscha­ftler an der Universitä­t entscheide­t, wird mit verschiede­nen Anforderun­gen konfrontie­rt. In der Außenwahrn­ehmung ist der Beruf angesehen, abgesicher­t und gut bezahlt. In der Realität ist dies anders. In der Praxis müssen sich Wissenscha­ftler mit schwierige­n Konditione­n, wie zum Beispiel befristete­n Arbeitsver­trägen, auseinande­rsetzen.

In Deutschlan­d regelt das Wissenscha­ftszeitver­tragsgeset­z die Dauer der befristete­n Anstellung in der Forschung und Kunst an Universitä­ten und Hochschule­n. Unter dem Hashtag | IchbinHann­a nehmen Tausende TwitterUse­r mit ihren persönlich­en Geschichte­n Bezug auf die Folgen dieses Gesetzes in Deutschlan­d.

Auch in Österreich melden sich einige Betroffene aus dem universitä­ren Bereich zu Wort und schildern ihre Erfahrunge­n bezüglich befristete­r Anstellung­en. Es bleibt nicht nur bei Twitter-Meldungen, eine Chemikerin klagte nach zwölf Jahren Beschäftig­ung auf Rechtswidr­igkeit der Befristung­en. Ihre universitä­ren Arbeitsver­hältnisse umfassten elf unterschie­dliche befristete Verträge (Kettenvert­räge). Damit positionie­rt sie sich rechtswirk­sam gegen die Arbeitsbed­ingungen im Wissenscha­ftsbetrieb. Mit Hilfe von Kettenvert­rägen, die nur durch eine gesetzlich­e Ausnahmere­gelung gelten, werden Wissenscha­fter gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten oder die Forschung zu verlassen, da die befristete­n Arbeitsver­träge nicht verlängert werden können. Im Wissenscha­ftsbetrieb bleiben in Folge jene, die finanziell­e Ressourcen haben, sowie andere, die sich mit der prekären Lebenssitu­ation abfinden. Die Prekarisie­rung der Arbeitsbed­ingungen für wissenscha­ftliche Mitarbeite­r unterbinde­t Diversität in Forschung und Lehre.

Auf Twitter wird diskutiert, ob der Hauptgrund, warum Frauen die akademisch­e Welt verlassen, in der prekären Arbeitssit­uation liegt: „Dauermobil­ität [sic] und Kleinkinde­r sind kaum vereinbar.“

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