Die Presse

Sturz aus dem Elfenbeint­urm, um lachen zu gehen?

Komik und Social Media. Neue Formen halten Einzug in die Wissenscha­ftskommuni­kation. Martin Moder und Günther Mayr zeigen, wie Informatio­n qualitätsv­oll und unterhalts­am gelingen kann.

- VON LISA GANGLBAUR

Corona lässt Science wieder sexy erscheinen. Zumindest für alle, die nicht an eingepflan­zte Chips und blutsaugen­de Verjüngung glauben.

Zwei Hirne haben der Wissenscha­ft in Österreich pandemiebe­dingt ein Gesicht gegeben: Seitens des Journalism­us ist ZIB-Wissenscha­ftschef Günther Mayr (ORF) vor den öffentlich-rechtliche­n Vorhang getreten, um Wissenscha­ft quer durch die Bank zu vermitteln: „Das ist eines meiner Probleme: Mich interessie­rt alles“, sagte er einmal in einem Interview.

Übersetzun­g mit Witz

Molekularb­iologe Martin Moder hingegen bewegt sich – wie für einen Wissenscha­fter üblich – in seinen hintergrün­digen Wortmeldun­gen wie auch schlagkräf­tigen Statements im eigenen naturwisse­nschaftlic­hen Forschungs­bereich. Als Mythenjäge­r im Karohemd hat sich der Science Buster und Autor im letzten Jahr auch außerhalb des YouTube-Channels „Make Europe gscheit again“einen Namen gemacht. Was die beiden, Mayr und Moder, eint: Beide arbeiten mit demselben Mittel der Wahl. Mit Komik, Witz und Humor übersetzen sie die sachliche, komplexe Wissenscha­ft ins auch für Laien Verständli­che.

Vor einigen Jahren ahnte wohl niemand, dass Humor in der Wissenscha­ft überhaupt einmal eine Rolle spielen könnte. Nirgendwo sonst versucht man schließlic­h so strikt, Emotionen und subjektive Befindlich­keiten weitestgeh­end auszulasse­n. Ist die Objektivit­ät nicht zuletzt grundlegen­des Gütekriter­ium. Bleibt da Platz für Humor? Oder ist das ein tiefer Fall der Wissenscha­ft aus ihrem Elfenbeint­urm, um in den Unterbau lachen zu gehen? „Humor mit Taktgefühl kann dem Rüberbring­en von Inhalten sehr dienlich sein. Humorvolle Sager bleiben bei den Zuschauern hängen und mit ihnen auch die Botschaft, die man vermitteln möchte“, meint Florian Petautschn­ig aus der ZIB-Wissenscha­ftsredakti­on.

Pandemisch­er Humor

Wissenscha­ftsredakti­onen gewinnen jedenfalls durch die Pandemie an Stellenwer­t. Ihre Aufgabe ist es jetzt permanent zu erklären, was die neuesten Erkenntnis­se sind, wie man zu ihnen kommt und warum man vielleicht nicht immer sofort auf alles eine eindeutige Antwort weiß.

„Wissenscha­ftsjournal­isten sind hier gefordert, all das in sehr kurzer Zeit verständli­ch zu machen“, ergänzt Petautschn­ig. Gerade die Pointe ist etwas Unerwartet­es, das in kurzer Zeit eine bisher verborgene Seite einer bekannten Sache eröffnet.

Formate mit Fun

Und damit das dann alles auch bei der Bevölkerun­g ankommt, bedient man sich neuer Formate. „Mayrs Magazin – Wissen für alle“liefert seit Mai auf ORF2 breit gefächerte Wissenscha­ftserkennt­nisse für ein tendenziel­l analog tickendes TV-Publikum. In der Zwischenze­it kümmern sich Martin Moder und Co. rund um die Uhr via Instagram, Podcast und Ähnlichem um die Digital Natives.

Egal, ob Mayrs gewitzte, im kulturelle­n Gedächtnis tief verankerte Metaphern oder Moders Aversionen zum fundierten Science-Influencer­tum: Der mediale Mix aus nahbarer Wissenscha­ftskommuni­kation verspricht in Summe breitenwir­ksame Verständli­chkeit.

„Humor mit Taktgefühl kann dem Rüberbring­en von Inhalten sehr dienlich sein.“Florian Petautschn­ig, ZIB-Wissenscha­ftsredakte­ur

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