You can dance, you can jive . . .
Das seit 40 Jahren stillgelegte Quartett bringt ein neues Album und eine digitale Show. Kann das Comeback gelingen?
Abba (im Titel: „Dancing Queen“) bringen nach 40 Jahren ein neues Album heraus.
Ihre Plattenfirma lockte mit kryptischen Worten auf den Wiener Rathausplatz. „Teil eines historischen Abends“sollten die Eingeladenen sein. Diese Euphorie zu teilen fiel schwer – schließlich wollte man ja nicht leichtgläubig auf eine Marketingaktion hereinfallen. Und dann wurde doch etwas wirklich Sensationelles gemeldet: Abba werden am 5. November nach 40 Jahren Pause mit „Abba Voyage“ein neues Album veröffentlichen. Zudem wird am 27. Mai 2022 in einem eigens dafür errichteten Stadion in London ein Konzert stattfinden.
Allerdings eines, bei dem die Musiker durch akribisch gestaltete digitale Avatare vertreten werden. Gestaltet wurde die Chose vom 850-köpfigen Team von Industrial Light & Magic mithilfe allerneuester Motion-Captureund Performancetechniken. Es ist das erste Musikprojekt des von Filmregisseur George Lucas gegründeten Unternehmens. Das letzte Album, „The Visitors“, das mit recht düsteren Liedtexten überraschte, erschien im November 1981. „One of Us“hieß die Single daraus, die zum letzten internationalen Hit für das schwedische Quartett werden sollte.
Das Lied erzählt von einer schmerzlichen Trennung. Ein Sujet, das den vier Protagonisten in jener Zeit gut bekannt war. Neun Jahre Entertainment-Hochschaubahn hatte die schwedische Kombo da hinter sich. Sie waren weltberühmt und reich. Nicht weniger als 400 Millionen Alben hatten sie weltweit verkauft.
Der Stress hat ihre Beziehungen ruiniert. Sängerin Agnetha Fältskog, die mit dem Gitarristen Björn Ulvaeus liiert war, und die in Norwegen geborene Anni-Frid Lyngstad, die mit Keyboarder Benny Andersson verheiratet war, trennten sich von Tisch, Bett und Mischpult.
Neue Songs von eleganter Statur
Ihre Hits, von „Waterloo“bis „Take a Chance on Me“, von „Dancing Queen“bis „Super Trouper“, waren allerdings auch in den Jahrzehnten ihres Rückzugs vom Showbusiness stets präsent. Es gab Coverbands und Musicals, Stockholm errichtete ihnen ein eigenes Museum, und viele ihrer Lieder wurden von populären, späteren Stars gesampelt oder nachgesungen. Die große Madonna bettelte Abba an, für ihren späteren Hit „Hung up“ein Sample von „Gimme, Gimme, Gimme (A Man after Midnight)“verwenden zu dürfen. Auch Erasure und U2 spielten Abba-Songs.
Selbst jene, die vom Sound der 1972 gegründeten Band genervt waren, mussten ihr konzedieren, besonders sympathisch zu sein. Musikhistorisch signifikant war, dass sie der damals dominierenden Rockmusik die Stirn boten und die Weichen international auf den viel elastischeren Pop stellten.
Die nach den Anfangsbuchstaben ihrer vier Vornamen benannte Band hieß übrigens genauso wie Schwedens größte Fischfabrik. Was, zumindest national, ein gewisses Wagnis war. 1973 scheiterten sie mit ihrem vitalen „Ring Ring“noch beim Eurovision Song Contest, 1974 gewannen sie ihn in Brighton mit „Waterloo“. Ab da verkauften sie Songs wie Coca-Cola zuckrige Limonaden.
Die Chancen, nun an die frühen Erfolge wieder anzuschließen, stehen eigentlich recht gut. Die beiden vorab veröffentlichten Songs sind von eleganter Statur. Vor allem die von Fanfaren umrahmte Ballade „I Still Have Faith in You“demonstriert, dass die vier gesanglich und musikalisch immer noch auf der Höhe sind. Traurig ist nur, dass sie live nur als Schemen zurückkehren.