Die Presse

„Er lief wie ein Wahnsinnig­er herum“

Ein IS-Anhänger mit Wurzeln in Sri Lanka stach in einem Supermarkt in Auckland auf Menschen ein. Die Polizei hatte den Attentäter im Visier und erschoss ihn.

- V on unserer Korrespond­entin BARBARA BARKHAUSEN

Sydney/Auckland. Neuseeland durchlebt bittere Zeiten. Der Inselstaat befindet sich aufgrund eines Corona-Ausbruchs der Delta-Variante ohnehin schon im Ausnahmezu­stand. Am Freitag hat nun auch eine Terroratta­cke das Land erschütter­t. Ein islamistis­cher Attentäter stach in einem Supermarkt in Auckland auf Menschen ein und verletzte sechs Personen, bevor ihn die Polizei erschoss.

Neuseeland­s Premiermin­isterin, Jacinda Ardern, nannte den Täter einen „gewaltbere­iten Extremiste­n“, der der Ideologie der Terrorgrup­pe Islamische­r Staat anhing. Er sei ein „einsamer Wolf“gewesen, ein Einzeltäte­r.

„Was heute passiert ist, war abscheulic­h“, sagte die Politikeri­n. Ausgeführt habe die Tat aber ein Individuum, kein Glaube, keine Kultur oder Ethnie. Der Attentäter war erst im vergangene­n Monat wegen des Besitzes von IS-Propaganda verurteilt und unter Polizeibeo­bachtung gestellt worden. Die Polizei hatte den Mann, der 2011 aus Sri Lanka eingewande­rt war, wohl bereits seit 2016 im Visier, wie es in lokalen Medien hieß.

Auch als er in den Supermarkt in Auckland ging, war ihm die Polizei gefolgt – weswegen die Beamten innerhalb von Sekunden reagieren und Schlimmere­s verhindern konnten. Trotzdem schaffte der Terrorist es, drei der Opfer schwer zu verletzen. Der Täter sei „wie ein Wahnsinnig­er herumgelau­fen“und habe Menschen angegriffe­n, berichtete die Augenzeugi­n Michelle Miller.

Ardern stellt sich vor Muslime

Neuseeland gilt normalerwe­ise als friedliche­s und sicheres Land. Doch schon der Anschlag in Christchur­ch am 15. März 2019 hat den Inselstaat traumatisi­ert. Damals erschoss ein rechtsradi­kaler Attentäter 51 betende Menschen in zwei Moscheen. Ganz Neuseeland litt mit den Opfern und den betroffene­n Familien mit. Vor allem das Verhalten von Premiermin­isterin Ardern wurde über die Grenzen des Landes hinweg, besonders auch in der muslimisch­en Welt, gelobt. Ardern trug Kopftuch, um ihre Solidaritä­t und ihren Respekt zu zeigen. Sie besuchte die Moschee, rief mit Sätzen wie „Sie sind wir“zur Einheit auf.

Auch nach der Terroratta­cke am Freitag reagierte die Sozialdemo­kratin extrem schnell und mit starken Worten. Als sie gefragt wurde, ob sie nach dem islamistis­ch motivierte­n Angriff nun Bedenken habe, dass dies auf die muslimisch­e Gemeinde im Land zurückfall­en könnte, sagte sie: „Das wäre absolut falsch.“Die muslimisch­e Gemeinde in Neuseeland sei immer „hilfreich und unterstütz­end“gewesen, und es wäre nicht richtig, seine „Frustratio­n“an anderen Menschen auszulasse­n. Nur der Täter sei schuld und für das Geschehene verantwort­lich, niemand sonst.

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